Eine Einführung für die Gartenreisen im Jahre 2014 in Schottland
Im Sommer 2013 habe ich fast 70 schottische Gärten besucht, ganz kleine private aber auch etliche sehr grosse öffentliche und auch private.
Schottland hat Gärten, und zwar jede Menge. Allerdings hat es nicht diese Gartenkultur wie England sie hat bezüglich der grossen Landschaftsgestalter wie Capability Brown, Switzer, Kent oder Repton. Es wurde, mit wenigen Ausnahmen, auch nicht versucht,

den klassischen französischen Garten zu imitieren, als die entsprechende Mode herrschte.
Was die schottischen Gärten aber verbindet ist die Leidenschaft, mit dem gegärtnert wird. Klar, die Geschichten der Entstehung zumindest der privaten Gärten wiederholen sich. Aber vielleicht sind sie einfach typisch für die Engländer und die Schotten, die im Garten eines der beliebtesten Hobbys sehen und die sich inspirieren lassen von der schmeichelnden Umgebung,
von der vielfältigen Vegetation, vom milden Klima. Vom klar strukturierten walled garden bis zur kreativen Wildnis findet man alles. Eingeschlossen der absolut modernen Gartenarchitektur, wie sie beispielsweise in Portrack House anzutreffen ist. Gerade diese zeitgenössischen Gärten profitieren von grosszügigen Parzellen, die es erlauben, die gesamte Umgebung mit in die Konzeption mit einzubeziehen.


Versuchen wir zunächst mal einen historisch- klassischen Abriss der schottischen Gartenarchitektur.
So richtig erforscht wie dies in England geschehen ist, hat diese Entwicklung in Schottland meines Wissens noch niemand. Deshalb soll dies hier exemplarisch anhand zweier Beispiele erfolgen und zwar der Schlösser Drummond und Pitmedden Garden. Letzteres ist allerdings eine Kopie aber als Anschauungsbeispiel kann es trotzdem dienen.
In Pitmedden Garden wurde ein Darstellung des königlichen Schlosses Holyroodhouse in Edinburg aus dem Jahre 1647 umgesetzt. Zwar hatte die Baute damals noch stark klösterlichen Charakter, im Jahre hat James IV. 1501 seinen Palast an das bestehende Kloster mit Kirche anbaute und 1560 wurde die gesamte Anlage säkularisiert. Möglicherweise ist die Darstellung von James Gordon of Rothiemay eine Idealdarstellung, wie des damals oft üblich war. Aber sie gibt in ihrer Detailliertheit trotzdem reichlich Aufschluss über die Gartenarchitektur des 17. Jh. Das Konzept weißt grosse Ähnlichkeit mit Anlagen aus der französischen Renaissance auf. Vergleicht man die Darstellungen von Fontainbleau oder Vallery entdeckt man vergleichbare Anordnungen. Die Zeichnung von Gorden vor allem was die Broderien betrifft, ist verhältnismässig grob gehalten. Aber die Muster sind deutlich erkennbar.

Holyroodhouse
Noch ist kein klares Konzept erkennbar, nach denen die einzelnen Compartiments angeordnet sind. Man hat den Eindruck, sie werden einfach dort angelegt wo gerade Platz ist. Die gesamte Anlage von Holyroodhouse ist von Mauern umschlossen, die sich in mehreren Ringen um das Zentrum erheben. Vermutlich wurden diese Bereiche zunächst als Gemüse- und Obstgärten konzipiert. Eine Umwandlung in einen reinen Ziergarten konnte erst in ruhigen Zeiten erfolgen. Wobei zu diesen Ziergärten gehörten immer auch Nutzpflanzungen, wie sie diese Darstellung auch erahnen lässt. Die Mauern haben einerseits die Aufgabe vor wilden Tieren aber vermutlich auch vor Feinden zu schützen, andererseits waren sie imstande, ein optimales Mikroklima zu bilden.
Aus dem Schaubild des Jahres 1647 geht nicht hervor, was für Pflanzen damals verwendet wurden.
Auf welchen Grundlagen man sich in Pitmedden Garden gestützt hat entzieht sich meiner Kenntnis. Gewiss war Buchs zu jener Zeit bekannt und gebräuchlich in den Gärten. Was die Ausfüllung der Flächen betrifft hat man sich in Pitdmedden wohl dem zeitgenössischen Geschmack angepasst, resp. aus Gründen der Pflegeleichtigkeit uniforme Bepflanzungen gewählt. Französische und auch italienische Vorbilder zeigen in den Flächen zumeinst farbige Kiesel oder Erden, in den umlaufenden Beeten eine sehr vielfältige Bepflanzung. Andererseits hat man sich bei den Broderien ziemlich genau an die Vorlage gehalten.


Die Entwicklung der Holyroodhouse- Gärten ist nicht dokumentiert. Die sakralen Bauten wurden im Laufe der Wirren um die Eroberung Schottlands durch die Engländer ziemlich stark zerstört und dienten anschliessend wohl auch als Steinbruch für die Bauten in der Stadt. In dieser Zeit wurden wohl auch die Gärten zerstört oder er zerfiel.

Drummond
Eine etwas andere Entwicklung hat der Garten von Drummond Castle durchgemacht. Im 16. Jh wurde die Anlage des öftern von James IV. und Queen Mary besucht. Daraus lässt sich schliessen, dass die Anlage damals sehr attraktiv gewesen sein muss. Leider sind von damals keine Pläne oder Bilder überliefert.
Die imposante Lage des Schlosses hoch oben auf einem Hügelzug verleiht der Anlage eine dramatische Szenerie. Sie bestand damals wohl nur aus einer einfachen, aber doch komfortabel eingerichteten Burg, umgeben von ordentlichen Jagdgründen. Gärten waren vermutlich auf der selben Ebene wie die Burg angelegt, als mittelalterlicher Burggarten. Im Jahre 1612 berichtete der 2. Earl of Perth von einer kleinen aber dank der Mithilfe von guten Freunden stolzen Menagerie, die viel besser da steht als erwartet.
Mitte des 17. Jh. hat die Anlage unter den Stürmen von Cromwell stark gelitten. Aber bereits um 1676 erneuerte der 4. Earl den Besitz umfassend. Er engagierte den Gärtner John Reid, welcher 1683 das Buch 'the Scots Gard’ner’ publizierte. Das Buch ist eine wahre Fundgrube über die zeitgenössische Kunst des Gärtnerns.
Raid übernimmt bei der Disposition des Gartens die französische These, nach der das Haus im Zentrum der Anlage zu stehen kommt und alle Wege, Alleen und Hecken führen auf das Schloss hin.’ 'Wenn du ordentlich arbeiten willst, bestimme zuerst die zentralen Linien, ziehe sie so lange als möglich aus und zwar auf beiden Seiten des Hauses, dann entwickle die Parallelen und innerhalb dieser platziere die Alleen, die Gärten wie es dir gefällt.’
In der Folge beschreibt er seinen Idealentwurf, in dem das Schloss genau im Zentrum steht.
' Rund um das Haus befinden sich Ballister, die Hauptallee führt nach Norden und endet in einem Dreieck. C ist der Aussenhof und in den zwei Dreiecken, (O) befindet sich das Dienstgebäude....., das sich des axialen auf das Schloss hin öffnet. So kannst du beim Tor vom Pferd steigen und die Pferde werden dann zurück geführt bis zum Ende der Allee.
Die zwei Bereiche P können Teiche sein mit zwei Kirschgärten G, wo auch Stachelbeeren, Johannisbeeren und Erdbeeren gepflanzt werden können. Auf der Südseite des Hauses kommt der Vergnügungs- oder Blumengarten zu liegen – genannt das Parterre - , seitlich davon der Küchengarten (K) und dann ein weiterer Weg, der in einem Halbkreis endet (S) uns zum Hirschpark führt. Die Aussichtswege, welche von den vier Ecken des Hauses wegführen, sind sehr vergnüglich und angenehm und gut geschützt, und dazu dienen auch die zwei Dickichte (T). Auf der Südseite ist Platz vorgesehen für Baumschulen, östlich und westlich befinden sich zwei Obstgärten. Das Ganze ist umschlossen mit zwei Reihen Waldbäumen, ausserhalb der Mauer. Und wenn das Papier gross genug ist, könnte ich zeigen, wie die Parkmauer parallel zu jenem führen würde. Die Anlage ist oktogonal aufgebaut, alle Seiten sind gleich lang. Die Wege mit ihren Zäunen ....dienen dazu, den Park einzuteilen und die Abteilungen können mit Hagedornhecken gebildet werden, in denen Stechpalmen stehen; mit Ausnahme des Eingangshofes und des Hofes beim Wirtschaftsgebäude, es scheint mir angebracht zu sein, dass diese von Mauern eingefasst werden. Dieser Weg zum Haus sollte wenn möglich ansteigend sein. Beim ersten Tor sollten zwei Stufen, beim zweiten vier etc, gebaut werden. Aber jeder soll es so machen, wie es möglich ist.

Jetzt komme ich auf die Regelmässigkeit (Symmetrie) zu sprechen, welche sehr wichtig ist. Dies bedingt ingenieuse Arbeit und ist schwierig zu vermitteln, wegen den grossen Unterschiedlichkeiten der Ortlichkeiten.’
Inwieweit Raid in Drummond einen idealen Platz gefunden hat , um seine Ideen umzusetzen, ist fraglich. Hoch oben tront das Schloss, burgartig wohl noch zu dieser Zeit und ihm zu Füssen liegt das Gartenstück, und dem Haus konnte kaum eine zentrale Ausrichtung in seinem Sinne zugewiesen werden. Es sind leider keine Pläne aus der Zeit überliefert, wie Raid diese Aufgabe gelöst hat. Lediglich auf einem Übersichtsplan aus dem Jahre 1684 erkennt man in groben Zügen ein Resultat, in dem das Haus wirklich im Zentrum von waldartigen Bosketten steht.
Interessant sind auch die Anleitungen Raids für die Bepflanzung der Lustgärten. Nur nebenbei sei erwähnt, dass Raid hier in guter französischer Tradition des ‚Maison rustique’ den Blumen und Ziersträucher nur einen kleinen Teil seines Fachbuches widmet. Der grösste Teil ist den Nutzpflanzen, den Hecken und Bäumen, der Bodenpflege und den klimatischen Bedingungen gewidmet sowie auch der Kultur und Aufzucht. Auch Bauanleitungen für Mauern und Wege fehlen nicht.
Für die Einfassung der Broderien schlägt er Buchs vor, wobei aber auch Lavendel oder Ysop genommen werden können, ebenso Golden-rod, fever-few, Verbena, Ringelblume.
Wermuth, Schwarzwurz, Salomonssiegel, Katzeninze, Callamint, Elacampan, Masterwort, Wall-pellitory, Gamander, Beatony, Löwenmaul, Suthernwood, Lovag, dwarf-elder, Hartstongue, Mädchenhaarfarne, Asarum, Dropwort, Birthwort, Horhund, Spignell, Agrimony, Briony, bears-breach, sea-holly, madder, Rhuebarb, dog-mercury -- alle diese können im Frühjahr ausgesät werden und zu Beginn des Herbstes kurz über dem Boden abgeschnitten.
Angelica, spurg, scurvy-grass etc sind Einjahresblumen, sie können aber gut durch Aussaat verwendet werden.
Blessed-thistle, thorn-aple, tobacco, stinking-arag, oak of Jerusalem etc. werden ausgesät und sterben im ersten Jahr. Sie zeigen sich im April aber wieder. Virginia-Tabak ist für das heisse Beet empfohlen, die übrigen für einen fetten, aber leichten Boden.


Viele Blumen können auch aus den Feldern nebenan geholt werden, meint Reid. Er erwähnt auch den ingeniösen Gärtner Mr. James Sutherland aus Edinburgh und seinen Katalog, wenn man sich intensiver mit Blumen befassen möchte.

Selbstverständlich werden auch Rosen erwähnt, sei es als Kletterrose an den Wänden oder in der Rabatte. Und auch auf deren Pflege wird hingewiesen.
Viel Wert wird auf die immergrünen Gehölze gelegt wie Pinus, Zypressen, immergrüne Eiche oder den Wachholder, die dann entweder als Spalier an den Wänden, als Hecken oder als Solitäre eingesetzt werden. Und immer wieder folgen genaue Anleitungen über die Vermehrung, die Anzucht und die Pflanzzeiten der Gehölze. Nicht vergessen werden die Blumenzwiebeln und Knollenpflanzen. Anemonen, Cyclamen, Tulpen, Crokusse und Colchicum werden erwähnt, daneben Hyazinthen, Pfingstrosen, Christrosen.
Im ganzen Buch nicht erwähnt sind die heute so bekannten Topiary-Anlagen. Das sind jene in alles mögliche von Formen geschnittenen Sträucher, vor allem Eiben, wie sie heute in fast jedem grossen Garten vorkommen. Dieses Gartenelement ist vermutlich erst im 19. Jh. so richtig entdeckt worden.

General Roy hat 1747 eine militärische Karte zeichnen lassen, welche nähere Details von Drummond zeigt. Hier ist auf der Südseite ein Parterregarten ersichtilich, also dort, wo sich auch heute der Garten befindet, westlich erkennt man bereits eine romantisierte ordentlich grosse Gartenanlage. Daran schliessen sich die formalen Wälder an, östlich mit einer Sichtachse ausgebildet, die auf das Schloss hinführt. Das war auch die Zeit, als das Gut vom Militär annektiert und der Garten sich selbst überlassen wurde, was natürlich zur weitgehenden Zerstörung desselben führte.
1785 konnte die Familie das Gut wieder übernehmen, aber anstelle der Vorliebe für formale Gärten trat die Mode der Romantik und des Landschaftsgartens. Angelehnt an italienische Vorbilder konnte der Ostgarten revitalisiert werden.
Aber auch dieser Stil war vergänglich und zu Beginn des 19. Jh. errichteten Clementina und ihr Mann Peter Robert Burrell Terrassen und legten wieder ein formales Parterre an. Der Garten zählte schon damals zu den bedeutensten wiedererstandenen Anlagen der frühen viktorianischen Zeit in Schottland.
Ab den 20er Jahren des 19. Jh. kümmerte sich George Penrose Kennedy um den Garten. Dem Vernehmen nach legte er 1838 einen Plan vor, welcher die Entwicklung des Gartens seit 1820 darstellte. Diese Zeichnung trägt allerdings den Titel ‚Adidditions and Improvements to the Gardens since 1838,’ der aber das Parterre und die Terrassen bereits in einem fast fertigen Zustand zeigt. Sonst wäre die Königin Viktoria anlässlich ihres Besuches auf Drummond von der Anlage nicht so begeistert gewesen. Möglicherweise hat sie ihre Visite auch Jahre zuvor angemeldet, wie dies allgemein üblich war, um den Architekten die nötige Zeit zur Verschönerung zu geben. Der Garten ist nun geprägt von mannigfaltigen geschnittenen Bäumen (Topiary), Parterreanlagen, die von Gebüschen beinahe überwuchert wurden, daneben gab es aber auch Staudenrabatten, gepflegte Buchsbroderien sowie ein wohl ausgeklügeltes ikonografisches Programm der Statuen und Figuren.
Bis zum Ende des 19. Jh blieb der Garten in dieser Form. Kleine Änderungen wurden zu Beginn des 20. Jh. vorgenommen. Der Garten überwucherte aber nach und nach, so dass einschneidende Eingriffe unabdingbar waren. Anfangs 1950 unternahm dies der 3. Earl of Ancaster und liess den Garten sozusagen auf die Strukturen des königlichen Besuches zurückroden. Neue und einfachere Beete mit Staudenbepflanzung wurden angelegt, japanischer Ahorn und goldgelbe Ulmen fanden Einzug. 1968 mussten die Terrassen und Treppenanlagen erneuert werden.
Heute ist es unumgänglich, dass die Bepflanung hin und wieder erneuert werden muss, und die geschieht nicht immer in der Tradition des viktorianischen Gartens, sondern ist angepasst den Moden des 20. Und 21. Jh, eine Auffassung, die durchaus den üblichen gartenhistorischen Gepflogenheiten entspricht. Aber nach wie vor ist die Grossartigkeit des sozusagen königlichen Gartens ablesbar und wer ihn besucht, ist von der Pracht überwältigt.

Die Entwicklung von Drummond ist nicht unbedingt exemplarisch für den schottischen Garten im allgemeinen. Das mag daran liegen, dass es nicht viele wirklich grosse Anlagen gibt, aber auch daran, dass durch die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen vor allem mit England eine ruhige Entwicklung nicht zuliess. Es mag andere Anlagen geben, die eine ähnliche Entwicklung durchgemacht haben, ich erinnere mich an Haddo house, das im Park Ansätze an ein Patte d’oie erahnen lässt, jenes klassische Gestaltungselement im französischen Garten. Im Gegensatz von Drummond liegt Haddo house in der Ebene, wo eine Entwicklung des französischen Gartens durchaus möglich war. Ähnlich situiert sind Blair Castle oder auch Crathes Castle , Glamis, Drum, Fyvie. Letzteres steht in einer absolut natürlichen, malerischen Landschaft, wie sie von Brown stammen könnte. Aber andere grössere Anlagen wie Stirling Castle, Culzean Castle und viele ander stehen ähnlich wie Drummond, eine grosse Gestaltung konnte sich da aber nicht entfalten, nicht zuletzt aus topografischen Gründen.

Pitmedden Garden

Als der National Trust for Scotland den Garten 1952 übernahm, war nicht klar, was für ein Garten hier jemals bestand. Möglicherweise hat ein grosser Brand im Jahre 1807 nicht nur das Haus, sondern auch noch alle Pläne und Unterlagen vernichtet. Es ist jedoch ziemlich sicher, dass sich hier früher ein sehr schön angelegter formaler und terrassierter Garten befunden hat, wie es für das Ende des 17. Jh. typisch war. Ein der ursprünglichen Besitzer-Familie Seton bekannter Architekt, Sir William Bruce, war einer der bedeutendsten Architekten der Zeit. Als ein Royalist im Exil war er jemand, welcher Frankreich besuchte und dort die Werke von André le Nôtre bewunderte. Es war Bruce, der 1671 den Palast Holywoodhouse vollendete und der zwischen 1668 und 1674 in Balcaskie in Fife einen formalen, terrassierten Garten anlegte. Daneben war er in ähnlicher Funktion auch in Kinross tätig.

Und so ist es wahrscheinlich, dass Seton auf seinem Gut Pitmedden ähnlich wirkte. Es ist ebenso möglich, dass Sir Alexander von den grossen Gärten beeinflusst war, die er aus seiner Kindheit aus East Lothian kannte. Der walled garden in Pitmedden wurde auf flach abfallendem Land angelegt. Mit Stützmauern wurde der Garten in obere und untere Bereiche eingeteilt. Das ursprüngliche Haus kam auf die Westseite der Anlage zu liegen, von wo aus man alles wunderschön von der Höhe aus überblicken konnte. Abgeschlossen wurde die gesamte Anlage von einer grossen Stützmauer, abgeschlossen von einer Brüstung. Sie wurde aber so gehalten, dass der Blick von oben nicht gehindert wurde. An jedem Ende der zentralen Mauer waren Gartenpavillons platziert, ähnlich denen, die heute noch bestehen oder wie sie aus anderen Gärten überliefert sind.

Der Trust entschied, diese Gärten hier wieder auferstehen zu lassen und zwar nach den überlieferten Vorbildern aus Holyroodhouse. James Gorden of Rothiemay hat ja die diesbezügliche Vogelschau hinterlassen. So sehen wir hier heute ein eine exakte Interpretation eines Renaissance-Gartens. Es ist kein französischer Garten, wie sie Le Nôtre entwickelt hat, sondern die Konzeption, wie sie innerhalb des gegebenen Rahmens des walled gardens überhaupt möglich war, gleicht den Gärten an der Loire, wo die Schlösser noch Schutzfunktion hatten und auch von Mauern umgeben waren. Le Nôtre hat die Mauern sozusagen niedergerissen und den Garten gegen die Unendlichkeit hin geöffnet. Das ist in Schottland nur in seltenen Fällen passiert.


Ein überaus prägender Aspekt der schottischen Gärten soll allerdings erwähnt werden.


Der Walled Garden.

Dies ist sozusagen ein roter Faden, welche seit dem Mittelalter die Anlagen und Gärten immer wieder bestimmt hat.
Der eingeschlossene oder ummauerte Garten hat seinen Ursprung im Hortus conclusus, dem römischen Peristyl-Garten. Der Ursprung des Wortes Gartens liegt im Begriff ‚yard’, was eingezäunt meint. Die Angewohnheit, Flächen, welche der Aufzucht von Nutzpflanzen oder dem Einfrieden von Tieren dient, einzuzäunen, geht allerdings mit der Sesshaftigkeit der nomadisierenden Bevölkerung einher. Man wollte diese Gebiete vor Tieren oder Feinden schützen. Scheinbar schon in der Frühzeit hat sich das Rechteck oder das Quadrat als die ideale Form heraus kristalisiert. Vermutlich hat sich auch die Wegeanlage in der Kreuzform schon in vorchristlicher Zeit aus rein praktischen Gründen ergeben.
In der christlichen Tratition wird die Maria, die Mutter Gottes sehr oft in einem eingeschlossenen Garten dargestellt. Dies weist auf die Unberührbarkeit, Geschütztheit dieser Frau hin. Die weiteren Attribute in diesem Garten, die hohe Zeder, die Quelle des lebendigen Wassers, der Olivenbaum, der Brunnen im Garten, der Rosenstrauch haben je bestimmte Bedeutung vervollständigen das Ensemble des hortus conclusus. Natürlich wurden aus klimatischen Gründen nicht alle dieser Objekte in den nordeuropäischen Garten übernommen.
In den Klostergärten wurden diese Dinge durchaus übernommen, nicht zuletzt aus praktischen Gründen wie der Brunnen. Aber auch die Grundkonzeption, der säulenumfasste Hof war keine Erfindung der Christenheit. Vielerorts wurden die Klöster auf römischen Ruinen gebaut und diese Form wurde dann stilbildend. Die Einteilung mit den zwei Wegen, die sich in der Mitte kreuzen und so den Garten in vier Bereiche teilen war sozusagen strikte vorgegeben. Alle mittelalterlichen Gärten waren eingeschlossen und schützten so den privaten Bereich vor der Öffentlichkeit oder vor wilden Tieren. In den zerfallenen oder überwucherten römischen Ruinen wie auch in den Klöstern zeigte sich, dass das Gärtnern, mehr als die Architektur, mehr als die Malerei, mehr als die Musik und weit mehr als die Literatur, eine vergängliche Kunst ist, ihre Meisterwerke verschwinden, hinterlassen wenig Spuren.
Aber nicht nur in der europäischen Tradition war der umschlossene Garten bekannt. Er ist auch im Persischen Garten vertreten, in Nordafrika bei den Mauren und natürlich auch im Islam.
Gerade im Norden kommt noch ein weiterer sehr wichtiger Aspekt dazu und zwar der klimatische. Die hohen Mauern halten die kalten Winde ab, speichern, da sie meist aus dickem Mauerwerk bestehen, die Wärme und bilden so einen idealen Standort für empfindlichere Nutzpflanzen wir Reben, Aprikosen und Pfirsich.
In früheren Zeiten wurden diese Anlagen vor allem als Gemüse- und Obstgärten genutzt. So kam es, dass praktisch jedes grössere Beitzung über eine solche Anlage verfügte, die aber längst nicht immer unmittelbar neben das Haus zu liegen kam. Es war eigentlich eher die Ausnahme, dass zwischen Haus und walled garden ein architektonischer Bezug bestand.
Wann die Blumen in grösserem Massstab Eingang fanden kann nicht genau definiert werden. Vermutlich ist das auch nach und nach geschehen. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass da schon immer Blumen waren, wenn auch in kleinem Umfang. Das ist heute genau umgekehrt. Meist werden nur noch aus nostalgischen Gründen einige Gemüsebeete gehalten, aber die müssen sein. Nur einige wenige Beitzungen alimentieren sich noch mehr oder weniger vollumfänglich aus diesen Gärten.

Je nach Grösse des walled Gardens ist dieser äusserst viefältig gestaltet. Im Zentrum stehen heute die Staudenrabatten, die mixed borders, gefolgt von Rosenbeeten und mannigfaltigen Stauchbepflanzungen. Eher selten sind Rhodos anzutreffen. Diese sind für die Umgebung oder Umschliessung der walled gardens bestimmt oder nehmen für sich hainartige, grosse Bereiche ein. Schottland kann ohne Untertreibung als das Land der walled gardens bezeichnet werden. Es gibt hunderte wenn nicht tausende davon und keiner gleicht dem andern. Man wird immer wieder überrascht von einmaligen Details, speziellen Pflanzenkopositonen oder einer unerwarteten Wegeführung. Es ist längst nicht mehr überall die Kreuzform, die vorherrscht, es ist alles erlaubt was schön und spass macht.
Dies ist auch die Gartenform, die heute in Schottland noch vorherrscht. Daneben konnte sich fast nichts entwickeln. Zwar sind Ansätze von wilden Gärten auszumachen, meist führen die aber auch nur zu einem walled garden. Da dürfen sich dann freie Formen entwickeln, Stauden in ungezügelten Rabatten wuchern und Blütensträucher sich frei entfalten. Aber sie sind selten, an einer Hand abzuzählen. Cambo mag ein Beispiel dafür sein, der Privatgarten Willowhill oder in Extremis der Privatgarten Glassmount House, die allesamt überaus überraschende Aspekte bieten, vor allem auch letzterer, der eigentlich völlig unbekannt ist.
Moderne Ansätze scheinen es schwer zu haben. Ich kenne wenige Beispiele, die sind aber absolut überragend. Das eine ist die Gallerie of Modern Art in Edinburgh, das andere, von den gleichen Leuten inspiriert, Portack House in Dumfriesshire. Auch das Jupiter Artland in Edinburgh muss man dazu zählen, auch wenn es in der gleichen Reihe steht. Wer hier eintritt, taucht in eine andere Welt ein. Der ‘Garden of Cosmic Speculation’ von Charles Jencks und Maggie Keswick ist von unbeschreiblicher Würde und Schönheit. Dieser Landart-Garten strahlt trotz seiner Grösse und Dynamk eine Ruhe aus, die einen fast nicht mehr loslässt. Das wäre die Moderne, die man andernorts ob lauter Blumenpracht manchmal schon etwas vermisst. Allen Pollok-Morris erwähnt in seinem Buch ' Gärten, Parks und Landart in Schottland' einige weitere Beispiele, die zum Teil sehr moderne Ansätze zeigen. Aber wie gesagt, sie sind rar gesät.

Tim Richardson schreibt über den modernen Garten: Im Mittelpunkt der Gestaltugsideale stehen nicht mehr die nach malerischen Aspekten angelegten Staudenbeete, wie sie von Gertrude Jekyll entwickelt wurden, oder die Raumbildungen, wie die die Arts-and-Crafts-Künstler propagierten. Die aktuellen Gartenkunstwerke bestehen aus einer Aneinanderreihung von skulpturalen Elementen oder sind eine konzeptionelle Abfolge, bei der mit dem Vokabular und den Materialien gearbeitet wird, die dem Gartengestalter heute zur Verfügung stehen. Das heisst aber nicht, dass die Farbentheorie, auf die sich die Planung der Staudenbeete stützt, nun bedeutungslos geworden wäre. Es haben sich einfach nur die Horizonte der vielen Gartenkünstler erweitert.

Die traditionellen Gärten Schottlands, die walled gardens, sind die Farbtupfer in der sonst grünen Landschaft. Sie sind die Überraschungsmomente, das Aufwühlende in der sanften Topografie. Sie schmiegen sich hinein in die windgeschützten Mulden, umgeben sich mit Mauern und Bäumen und Gebüschen, wenn man sie betritt, eröffnet sich eine ganz andere Welt. Anders als das Moderne, das vielleicht überall stehen könnte, nicht bezug nimmt auf die Tratition und die vorhandene Baukunst und Architektur, trotzdem überwältigend sein kann, strahlt der klassische schottische Garten eine Heiterkeit und Fröhlichkeit aus, die erfrischend zur Kühle des Landes kontrastiert.

Schottland steht für farbige Gärten, die Staude steht im Zentrum, sie verbreitet eine Fröhlichkeit, wie man sie sonst fast nirgends findet.

 

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Schottlands Gärten – eine Betrachtung

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