Hans Graf Gartenbau 3065 Bolligen

Gartenreisen nach Italien 2001

Frühling: 23. Mai - 3. Juni Herbst: 26. September - 7. Oktober

Villen bei Turin

Palazzina di Caccia Stupinigi

Es ist eine ziemliche Untertreibung, hier von einer palazzina, eines Palästchens zu sprechen. Ziemlich gewaltig erhebt sich dieses Jagdschloss am Ende einer langen Allee, das Meisterwerk des Architekten Filippo Juvarra. Die 1729-34 erbaute komplexe Anlage weist einen achteckigen Mittelbau mit zwei langen Seitenflügeln auf. Seit 1740 gestalteten Vater und Sohn Bernard, französische Architekten, das Gelände. Sie setzen Juvarras Entwurf fort, indem sie vom Gebäude aus ein sternförmiges Wegesystem in die Landschaft führten. Der klassische patte d’oie kommt zu grandiosen Ehren. Die Strasse aus Turin leitet in den Eingangshof mit ornamentalen, beschnittenen Buchsparterres. Es soll das schönste und grösste in ganz Italien sein. Von den runden, den Park umgebenden Strasse kann man den Palast bewundern; dies vermittelt ein Gefühl von Bewegung, wie es für den Stil der Barock- oder vielmehr Rokoko-Architektur typisch ist. Eine breite Allee an der Strasse nach Turin bietet eine herrliche Sicht auf die Rückfront und führt dann auf der Südseite weiter, so dass sie den Park durchschneidet. Unregelmässige Pfade und ein See steuern malerische Aspekte bei, ohne die Einheit von Palast und Gartenanlage zu beeinträchtigen. (aus: Penelope Hobhouse: Gärten in Italien)

Sorgfältig hätte sich Juvarra jedem Detail angenommen, wird bei G. Masson vermerkt, bevor er 1735 nach Spanien abreist. Vom ehemaligen Zweck, eines Jagdschlosses zeugen nur noch die Malereien und Decorobjekten im Innern des Palastes. Natürlich ist hier der Einfluss Le Nôtres unverkennbar, es war Mode, sich in dieser Zeit eine Anlage in diesem Geschmack erstellen zu lassen. Die französischen Gärtner, die zu diesem Zweck bestellt wurden, haben das ihre dazu beigetragen. Sie haben die klassischen italienischen Orangen- und Zitronenbäume in ihren Terracotta-Töpfen entfernt und an ihrer Stelle Buchsbäume gepflanzt. Rasenparterres à l‘ anglaise wurden angelegt, die Hauptattraktion bildet jedoch das grosse Waldrund, geteilt von einer weiten Grass-Allee, die auf das Zentrum des Baues hinführt. Der übrige Bereich des Waldes wurde in der damals auch in Frankreich aufkommenden Mode des romanitsch-pitoresken Gartenstils ausgestaltet, mit gemütliche Wegen, Labyrinthen, künstlichen Seen und führte so auch in Italien hin zur Art, Gärten ganz in diesem landschaftlichen Stil anzulegen.

Villa Agnelli

In diesem Stil wurde auch die Villa in Villar Perosa angelegt, dort, wo 1866 Giovanni Agnelli, der Gründer der Fiat-Werke geboren wurde. Vielleicht wurde hier nach diesem romantischen Muster ein Garten zu der aus dem 18. Jh. stammenden Gebäude erstellt. Genaues ist nicht bekannt.

Erst gegen Ende des 18. Jh. treten an Stelle blosser Spekulationen zuverlässige historische Berichte: damals ging Villar Perosa zunächst in den Besitz des Gouverneurs von Asti und anschliessend in den der Familien Gamba und Turinetti über. 1811 mietete ein Kavallerieoffizier namens Agnelli die Villa, die er 1853 käuflich erwarb.

Der Garten bestand ursprünglich aus zwei oberhalb der Villa angelegten Hangterrassen, einem planierten Freiraum auf Erdgeschosshöhe und drei langgestreckten Terrassen unterhalb des Hauses; anschliessend fällt das Gelände sehr steil in ein bewaldetes, von einem Bach durchflossenes Tal ab. Bis zum Ende des 19. Jh. wurden die unteren Terrassen mehrfach umgestaltet: man bepflanzte sie mit allen möglichen Bäumen, unter denen man ein buntes Sammelsurium von Blumenbeeten anlegte und stellte kleine Springbrunnen mit steinernen Becken im typischen Stil des 19.Jh. auf.

1955 wurde Russel Page mit der Neuanlage des gesamten Gartens betraut. Sein erster Vorschlag lief darauf hinaus, Licht und Atmosphäre der umliegenden Landschaft in den Garten zu holen. Dementsprechend wurden alle Übertreibungen beseitigt und auf den Terrassen regelmässige, üppig mit Rosen bepflanzte Beete angelegt. Nichts durfte den Ausblick auf die von Juvarra gebaute Kuppel der Kirche von Villar Perosa und die Konturen der Berge ringsum behindern. Geist und Anmut des 18. Jh., durch Russel Pages Veränderungen wiederhergestellt, finden in einer Statue der Jagdgöttin Diana auf der untersten Terrasse sinnbildhaften Ausdruck.

Im Uferbereich des den Garten in voller Länge durchquerenden Bachs, tritt an die Stelle der Schattenpflanzen eine ausgesprochene Sumpf- und Wasservegetation. Um den wilden Giessbach zu bändigen und seine Strömungsgeschwindigkeit zu mässigen, leitet man ihn durch eine Reihe von Teichen zunehmender Grösse: So wird das in Kaskaden von Stufe zu Stufe hüpfende Wasser immer wieder in einem Tümpel aufgefangen, bevor es tiefer fällt und zwischen Weiderich, Wiesenschwertlinlien, Taglilien, Strauchrosen und Spiersträucher weiterfliesst.

Der Hang, das Tal, der Bach und seine Teiche bilden einen natürlichen Mikrokosmos, dessen von Andentannen beschattete Stille von Vogelstimmen und Froschgequak widerhallt.

(aus: Italienische Gärten und Villen: Marella Agnelli)

Frescot

Frescot steht im Schutz der piemontesischen Voralpen am Stadtrand von Turin, das man von der niedrigen Gartenmauer aus in Gänze überschauen kann. Das Besitztum umfasst auf engem Raum einen Rosen-, Obst- und Gemüsegarten, die jeweils von niedrigen Buchsbaumhecken umgeben sind. Dieser Raumgliederung liegt ein wohldurchdachter geometrischer Plan zugrunde, dessen schlichte Wirkung wesentlich zu der in betontem Gegensatz zum geschäftigen Treiben in der Stadt drunten stehenden, friedlich-entspannten Atmosphäre des Gartens beiträgt.

1766 hatte der Hofbildhauer Viktor Amadeus‘ II, Francesco Ladatte (von dem der berühmte Hirsch auf Schloss Stupinigi stammt) das Haus erworben und hier sein Atelier eingerichtet. Wenig später kamen noch zwei weitere Ateliers von Verwandten hinzu, die gemeinsam hier wohnten und arbeiteten. Mit dem Verkauf des Besitztums an die Familie Frescot trat dann an die Stelle künstlerischen Arbeitseifers die für das 19. Jh. typische, nicht eben inspirierende , dafür aber gemütliche Atmosphäre bürgerlich- behäbiger Häuslichkeit. Sie verflüchtigte sich jedoch schliesslich genauso wie zuvor die künstlerische Aktivität, und zurück blieb ein ziemlich heruntergekommenes Haus im Wald, das in den sechziger Jahren von den Agnellis erworben und zum Stadthaus ausgebaut wurde.

Der zwischen den beiden Gebäudeflügeln angelegten, von Apfel- und Birnenspalieren umgebenden Garten, eine Schöpfung Donna Marellas, gliedert sich in vier buchsbaumgesäumte Parterres; die eine Seite ist mit Rosen (Cin-Cin), die andere mit diversen Gemüsen bepflanzt und von süssduftendem Lavendel vor einer Kulisse schneeweisser Kletterrosen (Albéric Barbier) gesäumt. Am äusseren Ende des Parterres gelangt man durch eine kleine Pforte aus dieser umhegten, eleganten Farbenwelt in einen weiträumigen Park mit mächtigen Kastanienbäumen.

(aus: Italienische Gärten und Villen: Marella Agnelli)

Castel Roero

Als würdiger Vertreter seiner Zeit verstand Graf Carlo Giancinto Roero de Guarene, ein glänzend begabter Dilettant, seinen Reichtum und sein persönliches Talent mit bemerkenswertem Geschick zu nutzen. 1707 hängte er im Alter von 32 Jahren den Waffenrock an den Nagel und widmete sich hinfort seinen persönlichen Neigungen - dem Zeichnen und der Architektur.

1725 liess Carlo Giacinto die mittelalterliche Burg, das Kernstück des Familienbesitztums, abreissen und nahm einen Neubau nach eigenen Plänen in Angriff. Dieses 1780 vollendete Bauwerk befand sich bis 1899 in der Hand der Roero de Guarene, und ist heute im Besitze des Grafen Umberto, der es mustergültig unterhält.

Die äussere Gestaltung des Palazzo wurde lange Zeit Filippo Juvarra zugeschrieben, dessen Einfluss vor allem an der gartenzugewandten Südfassade unverkennbar zutage tritt. Mit ihrem sinnreichen Wechselspiel vorspringender und zurückversetzter Bauteile holt sie aud der warmgetönten piemontesischen Ziegelverkleidung ein Maximum an Wirkung heraus. Der lediglich mit Buchsbaumhecken und Eiben bepflanzte Garten spiegelt in seiner Anlage die Linienführung der Südfront wider. Verhältnismässig klein, verbindet er geometrische Formstrenge mit einem sicheren Gespür für den bühnenwirksamen Einsatz der Perspektive.

Den zentralen Teil der Anlage nehmen von niedrigen Hecken gesäumte, kreisförmige Rasenbänder und mit weissem Kies bestreute Flächen ein, zu denen als einziger weiterer Farbeffekt das warme Ziegelrot des Palastes kommt. Eine phantasievolle, geradezu rokokohaft anmutende Zutat zu diesem traditionell italienischen Grundkonzept bringt eine Anzahl hoher, in mehreren Etagen turmhelmartig zugeschnittener Eiben herein. Wie das Echo zu ihren dynamischen Umrissen muten die hohen, das rechteckige Parterre säumende, zugestutzten Hainbuchen an, die sih zu einem schmalen, der Mittelachse folgenden Gang verengen. Diese Achse wird auf dem Scheitelpunkt von den hohen schlanken Kegeln zweier Zypressen akzentuiert; das unterhalb steil abfallende Gelände lässt den Eindruck entstehen, als dehne sich vor dem Blick die Unendlichkeit des Raumes.

Die durch die gegelmässigen Abstände der Eiben geschaffenen, das Raumgefühl steigernden ‚Kadenzen‘ und die perspektivische Wirkung der Hainbuchenhecken verraten den Einfluss der französischen Schule. Daneben mag Graf Roero beim Entwurf seiner Anlage vom Theatergenie Bernardino Galliari inspiriert worden sein. Jedenfalls stattete dieser ‚Fürst unter den Bühnenbildnern‘ des Teatro Regio Schloss Roero im Juli 1755 nachweislich einen Besuch ab, und ausserdem ist in diesem elegant ausgewogenen Garten bei aller Regelmässigkeit und Disziplin einer vom Theater des 18. Jh. beflügelten Phantasie nicht zu verkennen.

(aus: Italienische Gärten und Villen: Marella Agnelli)

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