Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war die Isola Bella
nichts mehr als ein trockener Felsen und es war ungefähr um 1630 als ihn der
Graf Carlo Borromeo auszuebnen begann, möglicherweise erst nach dem Tod von
Angelo Crivelli, der die ersten Pläne für die Bauten erstellte. Die Insel wurde
in der Folge nach der Frau des Besitzers - Isola Isabella - benannt. Carlo starb,
bevor die Arbeiten einigermassen vortgeschritten waren; sein Sohn Vitaliano,
der neben vielen anderen Skulpteuren und Künstlern Francesco Castelli und Carlo
Fontana als Baumeister engagierte, führte die
Arbeiten weiter. Es gelang allerdings nicht, das Haus in nützlicher Zeit fertig
zu stellen, erst in der Mitte dieses Jahrhunderts wurde der Bau nach den ursprünglichen
Plänen beendet. Der Garten hingegen erlebte seine Vollendung bereits 1670. Die
40 Jahre Bauzeit für die Anlage begründen sich in der Komplexheit der Aufgabe.
Die 10 Terrassen des Gartens mit total gegen 70 m Höhe über dem See formen das
Heck der schiffartigen
Komposition.
Ein Stich von Dal Re aus dem frühen 18. Jh. zeigt die Konturen des hochbauartigen
Gartenentwurfes noch unverschleiert an. Grosse Bäume, überwuchernde Bepflanzungen,
Schlingpflanzen, welche die Mauern der Terrassen in tiefes, die Architektur
verwischendes Grün tauchen, überziehen dem Ensemble einen schleierartigen Tüllmantel.
Auf Dal Re's Stich sind die einzigen Bäume auf der Nordostseite der Insel gesetzt,
um so die asymmetrische Lage der Villa im Verhältnis zum Garten zu vertuschen,
dessen Haupteingang in der Mitte des Gartens auf das Gartentheater hinführt.
Vom Schloss aus erreicht man diesen Zugang nur durch über einen schmalen Hof,
welcher den langen Südflügel des Hauses mit der Hauptterrasse des Gartens verbindet.
In der Zeit der Entwicklung des Ensembles ging nichts über die Symmetrie und
es wurden alle Kniffe herangezogen, um diese nicht zu zerstören. Ein Zugang
zum Garten nicht über die Mittelachse wäre undenkbar gewesen, selbst wenn er
sich in diesem Falle aus kompositorischen Gründen beinahe aufgedrängt hätte.
In direktem Kontrast zu diesem ingenieusen Arrangement,
es ist bemerkenswert, dass das andere alte italienische Prinzip der zunehmend
dichteren Bepflanzung je weiter sich der Garten vom Haus absetzt, scheint hier
völlig preisgegeben zu werden. Die ganze Insel scheint in ein sorgfältiges Broderieparterre
umgewandelt worden zu sein.
Betreten wir dann nach den langen Wegen durch den Bauch des Schlosses mit seinen Grotten durch eben jenen schattigen kleinen Hof den Garten, den wir allerdings erst über eine ziemlich schmale Treppe erreichen, eröffnet sich die ganze Pracht. Unter dem riesigen Kampferbaum stehend eröffnet sich vor uns das phantatische barocke Theater. Wir sind von ihm nur durch eine breite Wege- und Rasenfläche getrennt, auf denen weisse Pfauen majestätisch einherschreiten, der Pracht bewusst, die sie hier hüten. Die vielen Obelisken, tanzenden und beinahe fliegenden Statuen, welche das Theater verzieren, geben ihm eine grossartige Leichtigkeit. Und wie dem noch nachgeholfen werden müsste, wird das ganze von einem Pegasus bekrönt. Grotten mit Wasserspielen gestalten die Fassade, die fast ein Halbrund bildet. Und im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Objekten kann dieses Theater bestiegen werden und von der dort oben gelegenen Plattform hat man einen phantastischen Rundblick über die Insel und vor allem über den See. Die einzelnen Terrassen, die bis zum See hinunter führen, sind zum Teil schmäler, zum Teil breiter ausgebildet. Rosenbeete, Schlingrosen aber auch Orangen- und Zitronenspaliere. Selbst Gewürze sind zu finden oder waren es zumindest früher. Man hatte in der Entstehungszeit durchaus Sinn für das Praktische, Zitrusfrüchte frisch ab Baum gehörte im Schloss nun mal zum Standard. Und wenn man wie hier in diesem milden Klima nicht mal Glashäuser für die Überwinterung benötigte, war dies erst recht angezeigt.
Die
klaren, beinahe abstrahierend-kargen Linien des Dal Re - Stiches kontrastieren
eigenartig zum üppigen, farbigen Bild, in dem sich die Isola jetzt und wohl
nicht erst seit heute präsentiert. Ist Dal Re in klassisch-italienischen Renaissance
stecken geblieben? Auf seinem Stich stimmen auch die Proportionen nicht ganz.
Die ganze Anlage ist viel länger dargestellt als sie eigentlich ist und dadurch
wirken Schloss und Pyramide seltsam flach. Eine gewollte Verzerrung? Immerhin
gehen die Entstehungszeit und auch die ersten Entwürfe in die dreissiger Jahre
des 17. Jh zurück und damals ist von Barock noch weit und breit nichts zu sehen.
Vaux-le-Vicomte und Le Nôtre existierten noch nicht, geschweige denn die Üppigkeit
eines deutschen Barockes. Womit man wieder bei der Frage angelangt ist, ob es
halt dann doch die Italiener waren, welche diese neue Kunstrichtung vorschlugen.
Fast wäre man geneigt dazu, dies zu bejaen und so hätten die Franzosen wiederum
nur abgeguckt. Festhalten kann man immerhin, dass mit dieser borromäischen Insel
die langsam ins Steife abgesunkene Renaissancekunst eine neue Frische, Lebensfreude
und gewaltige Lebendigkeit in die Baukunst geworfen wurde.
Vor uns haben wir im wesentlichen einen botanischen Garten - hingezaubert auf eine wundervoll gelegene kleine Insel. Seit 1500 ist sie im Besitze der Familie Borromeo. Aus dem nackten Felsen der Eiszeit wurde eine Insel, die den verschiedensten Veränderungen unterlag: anfangs Obstgarten, später Olivenhain, dann Anbaugebiet für Zitrusgewächse bis hin zum heutigen botanischen Garten nach englischem Vorbild, der Anfang des 19. Jh. angelegt wurde. Die Insel ist nicht nur wegen ihrer herrlichen Azaleenblüte im Monat Mai bekannt, sondern auch wegen den seltenen Pflanzen, die aus den verschiedensten Breitengraden stammen. Dank des besonders milden Klimas konnte sich hier eine aussergewöhnliche und anderen Orten selten anzutreffende Flora ansiedeln: nebeneinander wachser hier Ahorne, Bananenbäume, Kamelien, Eukalypten, Palmen usw.
Soweit
die Beschreibung aus dem Prospekt des Gartens, gegen die eigentlich nichts einzuwenden
ist. Der Palazzo stammt aus dem 16. Jh. Die Architektur wird Tibaldi zugeschrieben,
der einen einfach und streng gegliederten, schnörkellosen, dreigeschossigen
Spätrenaissancebau hinstellt. Zur schmalen Seeseite hin nimmt eine langgezogene,
schmale Terrasse mit mächtigen Palmen und Broderien den Raum bis zur Futtermauer
ein, die direkt zum See hinunter führt. Lediglich ein schmales, begehbares Band
trennt den Fuss vom See.
Der
Raum vor dem Kastell ist einem Kiesplatz gewidmet, in dessen Mitte sich in einem
Rasenstück eine riesige Zypresse befindet. Die Asymetrie des Baues wird betont
durch eine prächtige, zweigeschossige Loggia, wie sie für die Villenarchitektur
der Renaissance typisch war. Von hier aus führt die einzige Wegachse quer durch
die Insel. Rechts davon befindet sich eher der bewaldete Teil, links die offeneren
Flächen. Durch romantisch-verschlungene, schattige Pfade gelangt man immer wieder
in recht hübsche, manchmal bambusbestandene Gartenräume, meist jeder einem anderen
Vegetations- und Klimabereich gewidmtet, entdeckt Ausblicke und Strukturen,
welche den Garten zu gliedern versuchen.
Nach Pellegrini (Tibaldi) folgen andere Baumeister, wie Crivelli, der 30 Jahre späterdie Führung der Arbeiten auf der Isola Bella übernimmt. Im Jahre 1978 ist der Palazzo für Besichtigungen freigegeben worden; interessant ist die epochengetreue Wiederherstellung der Räumlichkeiten und die Sammlung von Livreen, Puppen und Porzellan. Sehenswert und sehr heiter ist auch die Ausstellung der Marionettentheater aus dem 18. und 19. Jh. Unter anderem kann hier ein feuerspeiender Drache besichtigt werden, leider nicht in Betrieb.
Das letzte grosse Werk, die Grabkapelle, wird 1858 begonnen. Mit einfachen Formen und dem einzigen Zusatz von Terrakotta gemäss einem neo-bramantischen oder neo-byzantinischen Stil wird sie unter der Leitung des Architekten Vanini beendet. Für Baumliebhaber ist die Insel ein Leckerbissen sondergleichen, ebenso für Vogelliebhaber, tummeln sich doch neben einer Papageienkolonie unzählige bunte Federtiere auf der Insel.
So hübsch wie die Eckdaten dieses Gartens sind, so
hübsch ist er auch selbst. Man streitet sich um das genaue Datum seiner Geburt,
oder besser gesagt, seiner Zeugung. Vielleicht war es 1930 als Captain Antonio
Neil McEacharn, Gesandter der englischen Königin mit dem Zug von Venedig nach
London nach Hause fuhr, unterwegs die Zeitung las und auf das Verkaufsangebot
der dieser Liegenschaft stiess. Kurzerhand stieg er in Verbania aus, begab sich
nach Pallanza, sah sich das ca. 20 ha grosse Grundstück mit seinem mächtigen
Baumbestand und der Villa aus dem Jahre 1875 an, zückte den Geldbeutel und kaufte
es. Oder so ähnlich hat sich die Geschichte abgespielt. Der Schotte McEacharn
war nicht der einzige, der sich nach dem sonnigen Süden sehnte und sich hier
niederliess. Noch heute sind vor allem in der Toskana etliche Engländer in wunderschönen
Villen ansässig - glücklicherweise ist man versucht zu sagen, pflegen sie doch
Haus und Garten zumeist aufs vorzüglichste und sind offen für interessierte
Besucher.
Er entdeckte sofort die Möglichkeiten des Geländes, das sich vom Ufer des Lago Maggiores sanft hinanzog und vor dem Hintergrund der Alpen endete. McEacharn, der ein erfahrener und kenntnisreicher Gärtner war, hatte schon lange den geheimen Wunsch gehabt, sich in einem milderen Klima einen Park anzulegen. Die Anlage am See hatte auch den Vorzug, über genügend Wasser zu verfügen.
Zunächst musste eine ganz neue Landschaft geschaffen werden, und so gestaltete er das gesamte Gelände um und gab ihm die jetzigen weichen Formen. In den Wald schlug er grössere Schneisen und Räume und begann in englischer Manier der dreissiger Jahre Terrassen und Blumengärten anzulegen. Von besonderer Pracht und auch Raffinesse ist der blühende Wassergarten, wo über einen Wassertreppe in wunderhübschen Wasservorhängen das Wasser hinunterfällt und über alles eine Klangsynphonie verströmt. Zuunterst dieses trotzdem recht flachen Gartenteils befindet sich ein grosses, rechteckiges Becken, dessen vier Ecken blaue Seerosen zieren (Nymphaea grandiflora). Ein weiterer sehr hübscher, architekonischer Teil ist der englische Staudengarten, der als Umgebung des kleinen Mausoleums von McEacharn angelegt wurde. Die Cherubsfontäne schliesst dieses Border auf der anderen Seite ab. Und sehr eindrücklich ist auch der Lotusteich, wo hunderte dieser wunderschönen Pflanzen stehen.
Rhododendren, Azaleen, amerikanische und chinesische Hartriegel, Magnolien und Chaenomeles erfreuen im Frühling das Auge.
Dieser zu Beginn des 20. Jh. angelegten Garten zeigt
aus klassischen Gärten abgeleitete Strukturelemente. Die Villa und der englische
Park waren früher Bestandteil des Taranto-Gartens. Die Anlage
ist teils ein romantischer viktorianischer Park, teils ein ‚Renaissancegarten',andere
Quellen sprechen von lombardischem Barock, interpretiert in der Zeit Eduards
VII. mit Statuen aus dem 18. Jahrhundert. Es soll sich hier auch noch ein Swiss-Chalet
befunden haben im Besitz der Familie Brown, der die gesamte Anlage gehörte.
Noch entzieht es sich meiner Kenntnis, ob auch die Villa aus dieser Zeit stammt,
vermutlich ist sie aber wesentlich älter.
Unterhalb der Westfassade der Villa erstrecken sich sechs Terrassen, teils mit sehr hübschen Broderien und Blumenrabatten versehen. Mit dem Haus sind sie durch Treppen mit Balustraden verbunden: Nischen sind mit Kieselmosaiken, Delphinen und Muschelsitzen verziert. Die zweite Terrasse bildet gleichzeitig die Decke eines darunterliegenden Wintergartens mit Bach und gewölbter Grotte, in dem Farne, Orchideen und subtropische Pflanzen wachsen. Diesem Wintergarten vorgelagert erhebt sich in einem elegant geschwungenen Bassin ein wuchtiges Pferdegespann, Hermes in seinem Wagen ziehend.
Der steile Abhang hinter der Villa fällt zu einer halbkreisförmigen Mauer mit Nischen für Statuen ab; möglicherweise ist diese Anlage vom nymphaeum der Villa Aldobrandini inspiriert. Man mag sich fragen, welches die Beweggründe sind, anfang dieses Jahrhunderts einen Barockgarten anzulegen. Ist es die Verspieltheit, welche es den Besitzern angetan hat, das borromäische Vorbild in der Nähe, eine gewisse Hilflosigkeit der damaligen Architekturszene? Noch sind Neuschwanstein oder das portugiesische Pena nicht lange her, dieser Geist der künstlerischen Rückwärtsorientiertheit noch allgegenwärtig. Auch Kaiser Wilhelm II. ist im Elsass diesem Historismus an der Hohkönigsburg verfallen, vielleicht wegen mangelnden Alternativen. Die künstlerische Moderne finden im Kleinen erst in Frankreich statt und auch da fast nur in der Malerei.
"Wir Silvio und Sofia della Valle di Casanova
hier, wo uns die Kindheit vereinte
schufen aus einem gemeinsamen Jugendtraum diesen Garten,
in der frühen Jugend erdacht, verwirklicht vom glücklichen Paar."