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Die Gärten in Deutschland / Teil 3

 

Lütetsburg

 

Der Name Lütetsburg geht auf den Häuptling Lütet Manninga zurück. Seit dem 16. Jh. befindet sich der Besitz in der Familie zu Inn und Knyphausen. Der Renaissancegarten lag auf der Westseite des Wasserschlosses, der Barockgarten vor der Südfront. 1790 begann Graf Edzard Mauritz zu Inn und Knyphausen (17481824) mit der Anlage des Landschaftsgartens im frühromantischen Stil. Der Garten zählt zu den wenigen auf dem Kontinent erhaltenen Beispielen dieses Typus. J. Bosse war hier von 181214 tätig und zeichnete den bedeutsamen Gartenplan. Der Park, für den Wörlitz konzeptionell ein Vorbild bot, zeigt starke chinesische Einflüsse, die in den geschlängelten Wasserläufen, Inseln, Brücken und reithgedeckten Gartengebäuden zum Ausdruck kommen. 1793 starb die Ehefrau des Gartenschöpfers, gemäß seinem Wunsch wurde sie nicht in der Gruft der Patronatskirche, sondern auf der „Insel der Seligen" im Tempel der Natur beigesetzt. 1797 entstand das Teehaus, der „Tempel der Freundschaft", es ist einem Gartenfreund in Berlin gewidmet. 1802 erfolgte der Bau der Norwegischen Kapelle. Die Inschrift in der Kuppel „Natur und Tugend führen zu Gott" stellt den Glaubenssatz der deutschen Aufklärung dar: sich durch das Geistig-Schöne  hier die von Menschenhand geschaffene idealisierte Natur  zu Gott führen zu lassen. Dieses Wort veranschaulicht den Bedeutungszusammenhang zwischen der damaligen Auffassung von Natur, Ästhetik und Tugend.

Der Garten sollte als Gleichnis des menschlichen Daseins betrachtet werden, ein Spaziergang als ein Fortschreiten durch die Bezirke geistiger Entwicklung, dargestellt durch Pflanzen, Monumente und Inschriften. Es wird deutlich, daß der tiefste Bezug des Grafen zu seinem Land ein  im Sinne des Gartenphilosophen Hirschfeld  ästhetisch-moralischer gewesen ist. Er war überzeugt, mit seiner Parkanlage auch für seine Nachkommen einen bleibenden Wert geschaffen zu haben. Das ersehnte Ziel war: hier geboren werden, hier leben, sterben und begraben sein. Fürst Wilhelm Edzard zu Inn und Knyphausen (19081978) betrachtete die alte Gartenanlage  entgegen der damaligen Auffassung anderer Besitzer historischer Gärten  als ein Gartendenkmal und ließ ab 1932 umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchführen. Nach 1945 galt sein  Engagement der Beseitigung der Kriegsschäden und dem Wiederaufbau des  1956 durch Brand zerstörten Schlosses.  Bis zu seinem Tod schuf Fürst Knyphausen an der Südflanke großzügige Ausgestaltungen und Erweiterungen. Der Park  besitzt einen herrlichen Altbaumbestand,  eine Fülle von seltenen Gehölzen und zahl reiche Rhododendron und Azaleensorten.  Mit dem Passieren der Großen Pforte verläßt der Besucher  vielleicht zunächst  noch unbewußt  die Alltagswelt und betritt ein irdisches Arkadien, ganz im Sinne  des Gartenschöpfers, wie es heute kaum  mehr Gärten zu vermitteln vermögen. Mit  diesem Park ist ein solcher Traum Wirklichkeit geworden.

 

Text: Eberhard Pühl; in: Parks und Gärten - zwischen Weser und Ems

 

 

Schlosspark Jever

 

Der Schloßgarten in Jever 1828 erfolgte unter Herzog Peter Friedrich Ludwig die Anlage des Schloßgartens, zugleich der Bau der beiden Torhäuser am Eingang des Schloßhofes, wie der der beiden Gartenpforten. Der Oldenburger Hofgärtner Julius Bosse lieferte den Entwurfsplan. Dank seinem Können gelang es, auf einem nur drei Hektar umfassenden Gelande diesen einzigartig reizvollen Landschaftsgarten zu entwickeln. Im Wechselspiel mit der rahmenden Graft, einer feinen Geländemodellierung und einer geschickt konzipierten Wegeführung,  die weite Durchsichten ermöglicht, ist die Illusion eines wesentlich größer erscheinenden Parks entstanden. Alte Baumriesen, darunter mächtige Rot und Blutbuchen, Eschen und Linden, bilden faszinierende Blickpunkte. Seltene Gehölze wecken die Aufmerksamkeit des Pflanzenliebhabers, darunter der Kadsurabaum (Cercidiphyllum japonicum) und der Ginkgo (G. biloba), dem Goethe ein Gedicht gewidmet hat, der Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) und Amberbaum (Liquidambar styraciflua). An der Südwestecke ist die frühere Bastion als Hügel erhalten geblieben, von hier reicht noch heute der Blick bis zum blauschimmernden Upjeverschen Wald, wo einst die großherzoglichen Jagden stattfanden. Zauberhaft ist es, im Frühsommer oder auch an einem nebligen Herbsttag einen Rundgang von Gartenpforte zu Gartenpforte zu unternehmen. Zur einen Seite das geschichtsreiche Gemäuer, zur anderen Seite die rahmende Graft und altehrwürdige Bäume.

 

Haucke’s

Was soll man denn dazu sagen. Nein, es ist nicht die Perfektion in Reinkultur. Aber es ist die Liebe zum Garten gepaart mit überragenden Kenntnissen und feinem Gespür für die Kunst, welche diesen Garten auszeichnen. Wolgang Haucke, von Beruf Goldschmied, betätigt sich in seiner Freizeit als begnadeter Bildhauer. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob er ausserhalb der im Garten aufgestellten noch andere Objekte entworfen hat. Zu wünschen wäre es. Diese hingegen stehen vor einer sumpfigen Mulde inmitten einer Wiese in einiger Distanz zum Haus. Man fühlt sich von ihnen förmlich angezogen, umkreist sie in erfurchtsvoller Distanz, lässt ihre Ausstrahlung auf einen wirken. Man versucht sie zu durchdringen, was kläglich misslingt. Die Gestalt hält jedem analytischen Ansturm stand.

Dann wird man verführt, den Garten zu erkunden. Ein Rundweg führt einen zunächst in dunklere, bewaldete Regionen, wo einem die Hexen und Kobolde nur so entgegenfliegen.  Und dann die Hostas. Über 250 Arten soll Hille Haucke hier pflegen. Sie gilt als die grosse Pflanzenkennerin im Team. Die hellen und weissgeränderten erhellen gleichsam den Weg, den man entlangschlendert. Immer wieder sind es Nischen und verborgene Ecken und Winkel, die einen beinahe erschrecken. Selbstverständlich blühen im Frühjahr unter den Birken zahllose Osterglocken und noch früher ist dies der Ort, wo die Christrosen gedeihen.

Endlich gelangt man wieder in die Nähe des  Hauses, wo man zunächst von in Eibe geschnittenen grossen Äpfeln und Birnen bewirtet wird. Auf dem Hofplatz akzentuiert ein schöner Katsurabaum den Mittelpunkt. Die herzförmigen Blätter verströmen im Herbst einen wunderbaren Kuchenduft. Aus der  anderen Seite tummeln sich die Hortensien und dahinter, im schönsten, sonnigsten Stück des Gartens, eröffnet sich der prächtige Blumengarten. Natürlich haben sie ein wenig geschummelt. Trotz sintflutartiger Niederschlägen, die vor wenigen Tagen niedergegangen sind, empfängt einen ein Blütenmeer, hervorgezaubert im Augenblick vor allem durch die Lavathera und die Malven. Dazwischen mischen sich ganz kokett einzelne gelbe Inula. Alles hübsch eingefasst in Buchsborduren, welche die nötige Ordnung bewerkstelligen. Dass die Flachländer immer ein wenig Sehnsucht nach den Bergen haben manifestiert sich im kleinen Steingarten, wo aus unzähligen Reisen Steine herangeschleppt und zu einem einheitlichen Ganzen zusammenkomponiert wurden.

Man möchte stundenlang verweilen, geniesst den Kaffee und die Gebäcke, die gereicht werden, gerät ins Fachsimpeln und wundert sich nicht mehr, wenn in allen anderen Gärten ehrfurchtsvoll  von den Hauckes gesprochen wird. Es wird noch einige Male regnen müssen, bis sie erreicht sind. Übertreffen kann man sie nicht. 

 

Stünkel

Ich träume. Anders ist es nicht zu erklären, was man hier sieht. Zuerst ist Herr Stünkel skeptisch, wie wir einfach so aufkreuzen, taut aber unvermittelt auf, wie er hört, dass wir aus der Schweiz sind. Hat er doch selber etliche Jahre als Gärtner und als Orthopäde in der Schweiz gearbeitet, bevor er sich dieses Stück Land in Norddeutschland erobert hat. Stünkel ist durch und durch Gärtner, weniger vielleicht Gestalter. Der Garten ist zunächst ein Pachwork unterschiedlicher Ideen. Als Reminiszenz an die Schweiz wurde gar ein Berg gestaltet in der Form eines sanften Hügels, auf dem ein selbst gebautes kleines Gästehaus steht. In diesem, weniger intensiv durchgestalteten Bereich dominieren die sanften Wellen und die Rhododendren. Wiesen ziehen sich dahin, über den Berg führt ein geschwungener Weg, begleitet von einem hainartigen Baumbestand. Ausgangspunkt des Weges ist eine senkrechte Mauer, die sich direkt an das Wohnhaus anlehnt  und dort eine Art kühles Sommerzimmer bildet. Das besondere an der aus feinen Natursteinen gemauerten Wand ist ihre Ausbildung als Wasservorhang. Durch einen raffinierten Mechanismus fällt ein feiner Wasserfall darüber und versprüht im Sommer wohltuende Kühle. Zur Zeit ist der Hausherr gerade an einem komplizierten Bodenbelag beschäftigt, mit welchem ein neuer Sitzplatz ausgelegt werden soll.

Aber das ist nur die Rückseite des Gartens, das einfache, weitläufige.

Die Konzentration findet im vorderen Bereich statt. Horst Stünkel ist der stilsichere Gärtner mit dem Instinkt für das, was zusammen passt. Bei ihm steht nicht der Gesamtentwurf im Vordergrund, sondern das Detail. Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb passt alles wunderbar zusammen. Nirgends wird krampfhaft versucht, etwas in einen vorgegebenen Rahmen einzupassen. Dieser wird einfach gesprengt, wenn beispielsweise eine kleine Kapelle errichtet werden soll aus Bauteilen, die man vor der Zerstörung gerettet hat. Und der Verlauf des Baches wird so lange korrigiert, bis die Gefällsverhältnisse stimmen. Die Bepflanzung wird so lange ergänzt, bis das Gesamtbild des kleinen Gevierts den Vorstellungen entspricht. Unzählige liebevoll gepflegte Details findet man im Garten, und doch verliert man sich nie. Die grossen Ausblicke und Sichtachsen sind gewahrt, der Zusammenhalt immer da. Es ist ein kleines Wunder.

 

 

 

Klosterkielhof

 

Anfang der siebziger Jahre erwarben der Landschaftsarchitekt Joachim Winkler und seine Familie den zwischen Oldenburg und Hude gelegenen und aus dem Jahr 1815 stammenden Bauernhof.  

Außer einigen Eichen, einer in der Nähe des Hauses stehenden Linde und an den Grundstücksgrenzen wachsenden Wallhecken war kein weiterer Bewuchs vorhanden. Das Ehepaar Lisa und Joachim Winkler legten nach und nach einen komplett neuen Garten an, der den ländlichen Charme der inzwischen liebevoll restaurierten Hofanlage widerspiegelt. Die Zufahrt zum Hof wurde durch eine Obstbaumallee geführt. Der Gartenbereich von insgesamt 8000 m2 ist mit Buchenhecken umschlossen, die den Wind brechen helfen. Es entstanden acht unterschiedliche Gartenräume, die alle eine intensive Staudenbepflanzung in Kombination mit interessanten Gehölzen gemeinsam haben. Der Gartenbesucher kann sich im hausnahen Buxusgarten von den Düften der Rosen und mancherlei Kräutern verzaubern lassen. Dem farbenfrohen Iriskabinett folgt ein durch Hecken umschlossenes Gartenzimmer, dem weißblühende Pflanzen um einen alten Sandsteinbrunnen zugeordnet wurden. Im formalen, durch Spalierobst begrenzten Gemüsegarten, sind die Rosen »Rambling Rector« und »Raubritter« zur Blütezeit eine rosa-weiße Pracht. Hinter einem zum Verweilen einladenden Gartenpavillon, schließt sich der 1800 m2 große Rhododendrongarten an.Waldstauden, Farne und Gräser beleben auch nach der Rhododendronblüte das Gesamtbild durch unterschiedliche Blattstrukturen und Farbenspiele. Wechselnde Skulpturenausstellungen, Symposien, Konzerte und Vorträge werden jeweils in den Sommermonaten angeboten.

Das war bislang so. Winklers haben ihren Sitz verkauft und im Augenblick wird heftig daran gebaut und renoviert.  Der Garten ist immer noch in Ordnung, soll zudem weiterhin instand gehalten und ab 2003 wieder der Öffentlichkeit zugänglich sein.

 

Skulpturengarten Bertram

Der Garten des Ehepaares Bertram liegt in der Nähe von Ganderkesee. Das Grundstück ist circa 2500 m2 groß und befindet sich am Rande eines Waldgebietes. Von dem Gartenarchitekten Köhler wurde das Grundkonzept für die Gartenanlage entwickelt.  

In dem eher sachlich gestalteten Garten dominiert besonders ein etwa 15 m langes formal aufgemauertes Wasserbecken. Parallel zum Wohnhaus erstreckt sich eine 25 m lange Trockenmauer aus rötlichem Porphyr. In ihrem Bereich sind verschiedene Staudenarten gruppenweise gepflanzt worden und über die Vegetationszeit als farbige Blütenfelder zu bewundern. Von der großzügig gestalteten Terrasse erschließt ein gepflasterter Weg den weiteren Gartenbereich und mündet in einem dekorativen kleinpflaster-Rondell, dessen Mitte mit einer Skulptur (großer weiblicher Torso von Gustav Seitz) besetzt ist. Neben dieser »weiblichen Schönheit« sind noch weitere Skulpturen der klassischen Moderne im Hausgarten des Ehepaares Bertram zu finden. Thema des Gartens ist es, eine Symbiose von Natur und Kunst herzustellen. Der bewusst streng gehaltene Rahmen des Gartens unterstreicht die einzelne Schönheit der Skulptur und richtet die Aufmerksamkeit des Besuchers auf sie. Andererseits umspielen die Stauden, Kletterpflanzen und Gehölze auch die Kunstobjekte. Es entwickelt sich ein wechselvolles Spiel in Hinblick auf Formen, Farben, Licht und Schatten. Bedingt durch den Wechsel der Jahreszeiten erscheinen die Skulpturen für den Betrachter ebenfalls in einem ständig variierenden Bild.

 

Das Arboretum Ellerhoop-Thiensen


 Was heute an Ellerhoop-Thiensen interessiert, ist das Arboretum. Im Jahre 1956 wurde es von der Baumschule Timm & Co aus Elmshorn angelegt.
Der damalige Inhaber ließ eine Fläche von 3,75 Hektar, die an den historischen Münsterhof grenzt, mit vielen verschiedenen Gehölzen bepflanzen.
1980 stand das Gelände zum Verkauf und wurde vom Kreis Pinneberg mit Zuschüssen des Förderfonds "Naherholung Hamburger Umland" erworben. Inzwischen ist das Gelände auf ca. 17,3 Hektar angewachsen, und es gibt hier über 4000 verschiedene Baumarten und Pflanzensorten.
1988 wurde der Förderkreis Arboretum Baumpark Ellerhoop-Thiensen e.V. gegründet, der inzwischen über 1400 Mitglieder verfügt und dessen Vorsitzender Professor Dr. Hans-Dieter Warda Ist. Der Förderkreis hat am 1.1.1996 die Betriebsträgerschaft für die Anlage übernommen. Jährlich besuchen 100.000 Gartenfreunde und auch Erholungssuchende aus allen Teilen Europas das Arboretum, um sich fachlich inspirieren zu lassen oder einfach die Schönheiten des Parkes zu genießen.

 

Das ist alles, was einem von diesem wundervollen Park an Text zur Verfügung gestellt wird. Denn man gerät wirklich ins Schwärmen, wenn man durch diese  Gärten und an den Objekten vorbei wandert. 40 Punkte werden insgesamt aufgezählt und da sind die vielen Einzelbäume natürlich nicht mitgezählt.  Die Parkanlage wurde vielleicht etwas altmodisch im englischen Stil angelegt. Aber diese ruhige, sozusagen leere Form, die aber doch einen starken Rahmen bildet, eröffnet die Möglichkeit, unzählige Einzelthemen hinein zu komponieren. Und dvon wird in der Folge reichlich Gebrauch gemacht, ohne dass irgend einmal das Gefühl von Überfülle aufkommt.  Natürlich sind es hauptsächlich die traditionellen Formen, die einem begegnen. Der Bauerngarten fehlt ebenso wenig wie der Rosen- und der Heidegarten. Ganz neu wurde auch ein kleiner chinesischer Garten angelegt mit einer sehr schönen Pfingstrosensammlung. Verblüffend ist aber der Ausblick auf die Teichanlage über die Lotosblüten hinweg zu den Supfzypressen. Dahinter verbirgt sich gar noch ein Dinosaurier, der im geologischen Lehrpfad zusammen mit den Urweltpflanzen natürlich dazu gehört. Ein gemächliches Wandern ist angesagt, bei dem man immer wieder stehen bleibt, gefangen genommen von einem hübschen Ausblick oder einem besonderen Objekt. 


Park der Sinne, Hannover/ Laatzen

Beginnen Sie am Südtor, so gelangen Sie unmittelbar zum Treffpunkt am Wasser, einem Ort, der zum Verweilen einlädt: Lassen Sie Ihren Blick über die Mauer des Rondells schweifen oder versuchen Sie, von der Brücke aus, die Tiefe des Teiches zu ergründen. Da ist das Leben im und am Wasser zu beobachten oder die Schönheit der naturnah gestalteten Uferzone zu bewundern. Der Weg über die Trittsteine fordert Sie zum Gang über das Wasser auf. Der Weg führt an dem naturnah üppig bewachsenen Nordufer entlang zum Garten der Düfte.

In einem Halbrund liegt der Garten der Düfte am warmen, sonnigen Südwesthang des Aussichtshügels. In den mit Trockenmauern gefassten Beeten verströmen die vielfältigsten Stauden und Zwerggehölze ihre würzigen, süßen oder fruchtigen Düfte. Viele dieser Pflanzen wurden und werden noch heute als Heilpflanzen genutzt. Riechen, fühlen, schmecken und sehen Sie!

In einer steinigen Mulde, die sich nach Westen hin öffnet und nach Nordosten hin durch steile Felsblöcke abgeschirmt wird, speichert sich die Sonnenenergie. Als Wärme wird sie von den Steinen wieder abgegeben. Grell reflektieren die hellen Kalksteinblöcke das Sonnenlicht. An heißen Sommertagen flimmert und flirrt die Luft: Energie wird sichtbar.

 

Wandern Spaziergänger in Richtung Ort der Idylle, so kommen sie am Echo-Hof vorbei. In diesem Teil des Parks können Sie Steine zum Singen bringen, dabei die unterschiedlichsten Klangkombinationen erzeugen, Melodien spielen und einzelnen Tönen nachlauschen. Zwei gegenüberstehende Parabolschalen ermöglichen es, sich über weite Distanz hinweg Botschaften zuzuflüstern.

Der Ort der Idylle ist ein ruhiger, warmer, rund um ein Wasserbecken angelegter Ort. Umrahmt von einer Natursteinmauer und von einer berankten Pergola überdacht, lädt er zum Verweilen und Entspannen ein. Das leise Plätschern des Wassers sowie die Farben und Gerüche üppiger Staudenbeete schaffen ein wohliges Gefühl.

Auf diesem Weg wird das Gehen mit oder ohne Schuhe zum Erlebnis. Grobe Kiesel, gebrochene Sandsteinplatten, Pflastersteine, Holzbohlen und -pflaster, Klinker und andere Materialien hochkant oder flach gestellt, bieten dem Gehenden mit oder ohne Schuhe neue Körpererfahrungen. Am Zielpunkt lockt ein schon von weitem sichtbarer Summstein mit ungeahnten Hörerfahrungen. Über den Steinigen Weg, der als Erfahrungspfad des Gehens konzipiert ist, werden die Schritte zum Ort der Begegnung gelenkt.

Der Steinige Weg führt über eine Bodenerhebung, die den Ort der Begegnung umschließt. Am höchsten Punkt steht ein Summstein aus porösem Basalt, der den Spaziergänger animiert, seinen Kopf in die Höhlung zu stecken und die Verstärkung seines leisen Brummen und Summen nicht nur akustisch, sondern auch physisch zu erfahren.

Von diesem Punkt aus blickt der Spaziergänger in den Ort der Begegnung hinab, einem kleinen Amphitheater mit breiten grasbewachsenen Steinstufen, die etwa 250 bis 300 Besuchern während der Aufführungen als Sitz- oder Stehplätze dienen können. Durch seine unmittelbare Nähe zum Nordeingang ist der Ort der Begegnung ein hervorragender Treffpunkt zum Plaudern, Klönen.

Vorbei an Wasserspielen führt der Weg am Bach entlang durch die Schlucht. Die Felswände aus gelbem Sandstein ragen steil vor dem Spaziergänger auf. Kühle, feuchte Atmosphäre umfängt ihn, sobald er die Schlucht betritt. Schatten breitet sich aus. Farne, Gräser, Geißbart, Fingerhut aber auch Efeu haben sich in den Wänden festgesetzt. Neben dem schmalen Pfad verläuft das Bachbett.

Am Ende der Schlucht tritt der Spaziergänger in einen hellen und lichten Landschaftsraum hinaus. In der Ferne sieht er das Trockental und den Garten der Düfte.

Nahe dem Treffpunkt am Wasser zeigt das Spiel der Farben - ein mit weißen, gelben, roten, blauen und violetten Tönen komponiertes Blütenmeer - die ganze Farbpalette der Pflanzenwelt. Am Ende der geschwungenen Beete setzt jeweils ein farbiger Stein den Schlussakzent.

Etwa in der Mitte des Farbenspiels zweigt ein schmaler Seitenweg den Bach querend zum Garten der Düfte hinab. Hinter dem steinernen Steg fächert sich der Bachlauf auf, bevor er in den Teich mündet.

Zwischen dem Garten der Düfte und dem Trockental steht eine Skulptur aus Sandstein. Je nach Art des Lichtes, wurde die Oberfläche so unterschiedlich bearbeitet, dass gleißendes Licht von ihr absorbiert und nicht reflektiert wird. Es wurde ganz besonders die europäische Kultur aufgenommen. So verbindet der Sabbat-Tisch die jüdische Tradition mit dem Ritual des christlichen Abendmahls.

Die von Hardy Girod geschaffene Skulptur (gespaltener Stein) verkörpert das älteste Werkzeug der Welt, den Keil. Mit Hilfe von Kraft und Energie ist der Keil in der Lage selbst härteste Werkstoffe zu spalten. Bei der Skulptur wird dieser Spaltungsprozess durch eine Metallklammer gestoppt. Das leuchtende Rot des Keiles und das tiefe Blau der Klammer unterstreichen dabei die entstandene Spaltung und lassen sie in Verbindung mit dem natürlichen oker, beige und rötlich gemaserten Sandstein bewußt im Raum wirken.

 

Herrenhausen

Die eigentliche Entfaltung der feudalen Gartenkunst des Barock begann in Deutschland, bedingt durch die Folgen des Dreißigjährigen Kriegs, erst um 1680.

   Entsprechend der damaligen territorialen Zersplitterung des Reiches spielten dabei unterschiedliche politische oder dynastische Beziehungen der Fürstenhäuser, aber auch persönliche Vorlieben einzelner Herrscher eine erhebliche Rolle  traten infolgedessen individuelle oder regionale Besonderheiten insgesamt deutlicher zutage als in anderen Ländern. So verband sich der nun allenthalben zunehmende Einfluß der französischen Gartenkunst im Süden häufiger mit fortdauernden Impulsen italienischer Provenienz, im Norden mit solchen aus den Niederlanden. Zuweilen  und das gilt auch für den Großen Garten zu Herrenhausen bei Hannover  wechselte in den verschiedenen Ausbauphasen einer Anlage mit dem Bauherrn auch die Ausrichtung der künstlerischen Orientierung.

  Als der kunstverständige Herzog Johann Friedrich zu Braunschweig und Lüneburg 1665, unmittelbar nach Übernahme der Regierung, beschloß, den damals noch weit vor den Toren Hannovers gelegenen Wirtschaftshof seines Vaters in eine Sommerresidenz zu verwandeln, haben ihn ohne Zweifel auch Erinnerungen an die Villen der venetianischen Terraferma, die er bei seinen Italienreisen besucht hatte, beflügelt.

  Auf einem um 1666 entstandenen Lageplan sind die Umrisse der ersten, noch recht bescheidenen Anlage markiert. Neben dem »Fürstlichen Lusthaus: Herrenhausen genannt« (dessen Seitenflügel von vornherein einen zum Garten geöffneten Hof flankierten), lag damals ein Baumgarten. Das etwa quadratische Areal des eigentlichen »Lustgartens« war durch einen auf das Zentrum des Corps de logis gerichteten Mittelweg geteilt und durch zwei Fischbecken begrenzt. Südlich von ihnen, also außerhalb der Gartengrenze, führte eine Allee die Linie der Mittelachse bis zum Ufer des Leineflusses weiter.

  In einer zweiten, um 1673 einsetzenden Bauphase wurden Schloß und Garten unter der Leitung des aus Venedig stammenden Hofarchitekten Hieronymo Sartorio und des französischen, damals in Celle tätigen Gärtners Henri Perronet erweitert. Von wem die dazu vorgelegten Gartenentwürfe stammen und welcher von ihnen realisiert wurde, ist nicht bekannt. Nachgewiesen ist lediglich, daß das   Parterre, welches seither die Fläche des ersten Lustgartens einnahm, neu geordnet und reicher geschmückt wurde. Außerdem erhielt es eine rahmende Zone aus regelmäßigen Obstpflanzungen und  Bosketts. Zwei besonders bedeutende und typische Elemente dieser Phase, die   »Haute Cascade« und die Grotte, existieren noch heute.  Ihre endgültige, für die Blütezeit der höfischen Kultur des Absolutismus in  Deutschland exemplarische Gestalt und  Ausstattung erhielt die Sommerresidenz der Welfen bezeichnenderweise erst nach  1680 durch den Herzog und (seit 1692)   Kurfürsten Ernst August (Regierungszeit  16791698) und seine Gemahlin Sophie.

   Sie vor allem bemühte sich um die Verbesserung und Vergrößerung der Anlage, von der sie noch 1713 schrieb: »Le jardin  de Hermhausen, qui es ma vie«. Daß sie dabei nicht nur  wie damals üblich  Anregungen in der französischen Gartenkunst suchte, sondern ebenso bei den Gärten der Oranier, war naheliegend,  denn sie unterhielt zeitlebens enge Beziehungen zu den Niederlanden, wo sie  1630 (als Tochter des dort seit 1619 in der  Verbannung lebenden Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz) geboren wurde und ihre Jugend verlebt hatte.   Wahrscheinlich beabsichtigte Sophie von vornherein die Vergrößerung des Herrenhäuser Gartens und ließ nicht zuletzt deshalb schon 1682 den begabten  Gärtner Martin Charbonnier aus Osnabrück (wo er seit 1677 für sie tätig gewesen war) nach Hannover kommen. In den ersten eineinhalb Jahrzehnten ihres Wirkens  gewissermaßen der dritten Ausbauphase in Herrenhausen  wurde aber zunächst einmal die überkommene Anlage komplettiert, so durch die Aufstellung zusätzlicher Skulpturen oder durch   die Einrichtung des alsbald berühmten  Gartentheaters (16891693).Auch bemühte man sich immer wieder   freilich mit geringem Erfolg  um die   Verbesserung der Wasserspiele. Da das Schloß den wachsenden gesellschaftlichen Ansprüchen nicht mehr genügte,   wurde von 1694 bis 1700 neben ihm das   so genannte »Galeriegebäude« errichtet,  ein von Wohnpavillons flankierter Festsaal, der bis zum Bau der »Neuen Orangerie« (17201723) zugleich als Winterquartier für die Kübelgewächse diente.

   1695 hatte Martin Charbonnier noch einmal die Oranier-Residenzen in Holland besucht. Ein Jahr danach begann unter seiner Leitung die vierte und letzte Ausbauphase in Herrenhausen, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit der Vollendung des »Großen Gartens« ihren Abschluß fand.

  Nun wurde dem vorhandenen, orthogonal gegliederten Areal (mit seinen neu gestalteten Parterres und Heckenbosketts) der annähernd gleich große, aber gänzlich anders gestaltete und genutzte »Nouveau Jardin« angefügt. Diese beiden, jeweils annähernd quadratischen Teile bilden seither ein etwa 50 ha großes Rechteck, das von einem breiten, am Ende der Zentralachse (die sich hier zu einem ovalen Platz weitet) apsidenförmig ausgebuchteten Graben (der sogenannten »Graft«) und von rahmenden Alleezügen eingefaßt ist. Zwei 1708 nach Entwürfen von Louis Remy de la Fosse errichtete Rundpavillons markieren seine südlichen Eckpunkte.

   Als die Kurfürstin Sophie am 8. Juni  1714 in ihrem geliebten Garten starb, dürfte er so ausgesehen haben, wie ihn die meisten Pläne und Ansichten des frühen 18. Jahrhunderts zeigen. Man erkennt  auf ihnen die dreiflügelige Schloßanlage  mit dem nördlich vorgelagerten »Cour d'honneur« Halbrund und den seitlich  der Galerieflügel gelegenen Kompartimenten: im Westen  hinter der »Haute  Cascade«  den »Jardin prive« der Kurfürstin und im Osten  hinter und neben  der Grotte  einen »Jardin a melons et  fruits«. Noch weiter westlich liegt das  Galeriegebäude mit dem Orangeriegarten, dem sich nach Süden, in axialer Ausrichtung, das Gartentheater anschließt.  Weitere Heckenbosketts mit Salons und  Cabinets, zwei Quinconces und vier aus  den ehemaligen Fischteichen entstandene  Bassins umfassen den Parterrebereich.  Seine vier inneren Felder, die mit einer  zentralen Fontäne eine Gesamtfigur bilden, erscheinen auf fast alle Plänen und  Abbildungen als »Parterres ä l'Angloise«,  das heißt als durch Zierwege ornamental  gegliederte, von »Platebandes Coupees  en Compartiments« gerahmte Rasen stücke. Die vier äußeren Felder sind von  ebensolchen Bordüren eingefaßt, aber  entsprechend dem damals üblichen Kompositionsprinzip einer nach außen (mit  zunehmender Entfernung von Schloß und Mittelachse) abnehmenden Ausstattung und Ornamentierung  ungegliedert.

   Den »Noveau Jardin« teilt ein Alleekreuz, in dessen Zentrum die große Fontäne aufsteigt, in vier quadratische Areale,  die mit Sternanlagen besetzt sind. Ihre  Mittelpunkte, Rundplätze mit achteckigen Fontänenbassins, ordnen sich wiederum im Quadrat um die große Fontäne. Die durch dieses Gliederungssystem bedingten dreieckigen Kompartimente (»Triangeln«) enthielten mit wenigen Ausnahmen regelmäßige Obstbaumpflanzungen.

  Der Große Garten zu Herrenhausen gehört zu den wenigen Barockanlagen, die in ihren wesentlichen Zügen erhalten geblieben sind. Ein Vergleich seiner ursprünglichen, durch zahlreiche Quellen belegten Gestaltung und Ausstattung zeigt jedoch, daß man bei den umfassenden, außerordentlich verdienstvollen Restaurierungen der Jahre 1936/37 und 1960 bis 1966 nicht überall den historischen Vorgaben gefolgt ist. Das gilt vor allem für die Bepflanzung der »Triangeln« im »Noveau Jardin« oder für die Gestaltung der Parterres.

 

Text: Dieter Hennebo; in: Die Gartenkunst des Abendlandes, DVA, 1993

 

Die modernen Gärten der Expo 2000 in Hannover

 

Ich habe untenstehend einen Text über diese einmaligen Gärten gefunden, die anlässlich der Weltausstellung 2000 in Hannover erstellt wurden. Er ist einigermassen trist und desillusionierend und widerspiegelt das Bild der heute noch existierenden Gärten keineswegs. Was hier nicht zuletzt vom Schweizer Landschaftsgestaltungsbüro Kienast, Vogt und Partner geschaffen wurde, verdient ganz spezieller Beachtung. Allerdings überarbeiteten sie den bereits bestehenden Entwurf von Guido Hager, ebenfalls aus Zürich. Diese Gärten bildeten sozusagen das Rückgrat der Ausstellung. Links und rechts von diesem langen Korridor oder Achse wurden die Länderpavillons errichtet und die strahlen, soweit sie heute noch bestehen, eine ziemlich faszinierende Morbidität aus.

So kam das Messegelände zu einer klaren Struktur, mit eindeutig definierten Freiräumen, von denen auch die Besucher aus aller Welt profitieren, wenn sie sich den von Oktoberfestzelt und multimedialen Zukunftsprojektionen schwirrenden Kopf frei machen wollen. Die Freiräume erleichtern die Orientierung. Von der in West-Ost-Richtung verlaufenden "Allee der Vereinigten Bäume" gehen rechtwinklig nach Norden grüne Finger ab, die "Parkwelle" und der "Erdgarten", alle von der Arbeitsgemeinschaft Kienast, Vogt, Heimer + Herbstreit sowie der Messepark am Ende der Allee. Ursprünglich hätte die Expo auf einem kompakten Rechteck stattfinden sollen, doch im Laufe der Planung wurde eine Achse nach Süden geklappt, was nun die Wege auf der insgesamt 160 Hektar großen Schau verlängert, aber auch mehr Möglichkeiten für die landschaftliche Anbindung bot. Das Rückgrat dieses Ostgeländes gestaltete der Berliner Landschaftsarchitekt Kamel Louafi mit seinen "Gärten im Wandel", die vom städtischen Messeteil hinausführen in den Expo-Park Süd und in den Parc Agricole.

Natürlich sind dies keine Gärten im eigentlichen Sinne, oder aber Gärten für die Menschen der Zukunft. Nein, keine Gärten, vielmehr Strukturen, welche der Architektur entgegengesetzt wurden. Heute sind die meisten Bauten verschwunden, ein Zustand der völlig unkonventionell ist. Sind es doch zumeist die Gärten, die verschwindet. Und nun beurteilt man die Grünstücke an sich selbst. Sie machen es einem nicht schwer hinunter zu steigen und sich in dieses ungewohnte Abenteuer einzulassen. Es kommt ein ganz eigentümliches Gefühl auf, man wähnt sich in ein wahres Wechselbad hineingeworfen, ändern sich die Töne doch laufend. Es ist durchaus eine Ansammlung unterschiedlicher Texturen, Formen, Töne, Farben und Gefühle, die man durchwandert. Über manches mag man sich wundern, gelegentlich schüttelt man den Kopf, um dann wieder staunend stehen zu bleiben, zu verweilen.

Man muss sich Zeit nehmen, um die Wirkung richtig auszukosten und man wünscht sich, die Anlage würde Bestand haben.

 

Die Expo 2000 in Hannover ist Vergangenheit. Manch einer hat es nicht geschafft, diese Weltausstellung zu besuchen. Doch jetzt sind die vielen Expo-Mitarbeiter in alle Winde verstreut. Computer wie Pavillons haben neue Besitzer gefunden oder werden abgerissen. Der Rückbau läuft, doch leider ist immer noch nicht klar, was mit den preisgekrönten Grünanlagen auf dem Expo-Gelände-Ost, den „Gärten im Wandel“ und dem „Expo Park Süd“, beide von Landschaftsarchitekt Kamel Louafi mit seinem Team geschaffen, geschehen soll.
Die Parks liegen neben einem projektierten
Gewerbegebiet, das nach Hoffnung der Stadt durch hochkarätige Medien- und Designfirmen belebt werden soll. Um die Plaza herum werden sich bald neben der Preussag Arena mit ihren 14 000 Plätzen etwa 4 000 Studenten der neuen Medienakademie tummeln. Angrenzend beziehen Leibniz-Akademie, Teile der Industrie- und Handelskammer und eine Filiale des Technologiezentrums Hannover im Medienhaus ihre Räume. 15 der 30 Pavillons auf dem Ostgelände werden auf jeden Fall abgerissen. In Frankreichs schlichten Kasten zieht die französische Sportartikelfirma Decathlon ein, in die Pavillons von Tschechien und Polen eventuell ebenfalls, in den von Belgien kommen Büros. Über den Pavillon des CVJM, den „Wal“, ist noch nicht entschieden, auch wenn vor der Schau klar war, dass das Gebäude, das unsensibel in die Hauptachse des Parks gesetzt wurde, wieder verschwinden muss.
Noch reicht diese Ansammlung neuer Nutzer aber nicht aus, um den Unterhalt für zwei große und pflegeaufwendige Parks zu gewährleisten. Eine Nachnutzungskonzeption, geschweige denn ein Pflegekonzept sind in der hektischen Planungs- und Bauphase der Weltausstellung nicht entwickelt worden.
Ruinenpflege gegen Gartenkunst
Berechnungen des Grünflächenamtes, dem das Gelände bis auf das Regenwasserrückhaltebecken wahrscheinlich demnächst übertragen wird, haben ergeben, dass die jährlichen Unterhaltungskosten bei intensiver Pflege fast eine Million Mark betragen werden. Hunderte Kastenlinden, Stauden- und Gräsergärten, Wasseranlagen, Rasentreppen, zahlreiche Bauten und ein Damm mit einer 1:1-Steigung können nicht kostenlos gepflegt werden, obwohl das dem Kämmerer der Stadt sehr gut gefallen würde. Diskutiert, aber eigentlich noch nicht ernsthaft erwogen, wird ein Rückbau aller aufwendigen Teile, wie Türme, Wasserbecken, pflegeintensive Wegebeläge, Schleusen und alle Arten von Schmuckpflanzungen. Das würde allerdings den Charakter dieses wichtigen zeitgenössischen Parks unwiederbringlich zerstören. Nach Einschätzung des Grünflächenamtes lässt sich leider von der teilweise viel zu dichten Pflanzung im Expo Park Süd nur wenig gewinnbringend veräußern. Lediglich über den Wiederverkauf der etwa 80 à la japonaise geschnittenen Kiefern gibt es bereits Verhandlungen. Die übrigen Großbäume, die als Europas teuerste Lärmschutzwallbepflanzung in Abständen von 3 x 3 Metern plus Unterpflanzung mit Sträuchern und Stauden als Ausstellungskulisse gesetzt wurden, sind wegen des angeschütteten Kalkmergelmaterials nicht ohne Beschädigungen der Bäume und der Böschungen wieder zu entfernen. Nach dem Ablauf der Entwicklungspflege Ende 2001 werden wohl die Bäume ihrem Schicksal überlassen und diejenigen, die es nicht schaffen, abgesägt. Die Unterpflanzungen werden sich arrangieren müssen. Anders als bei vielen Nachnutzungen von Gartenschaugeländen, die in den betreffenden Städten meist ein Grünflächendefizit ausgleichen konnten, ist Hannover ja bekanntermaßen mit attraktiven Parkanlagen gut versorgt, so dass ein umzäunter Park mit Eintritt hier nicht in Frage kommt, zumal an einem Ort, der weit von der Hannoverschen Wohnbebauung entfernt liegt.
Ein weiterer Pflegetypus wäre eine Art „Ruinenpflege“, die für weniger als 200 000 Mark jährlich zu haben ist. Dabei würden die Strukturen erhalten bleiben. Die Kastenlinden könnten aber frei wachsen, ein eventueller Schnitt aus Sicherheitsgründen ähnlich alter barocker Alleen in einem Zeitraum von zwanzig bis fünfzig Jahren einkalkuliert.
Die jetzigen Rasenflächen würden extensiv mit dem Schlegelmäher von Verbuschung freigehalten, die flachen Wasserbecken angebohrt und mit Kies aufgefüllt. Ob den erhofften hochkarätigen Gewerbenachbarn allerdings diese Ruinenromantik gefiele, wage ich zu bezweifeln. Die Stadt hofft auf ein Engagement der Firmen, für die die Parks ein Aushängeschild und für das Personal ein schöner Erholungsort sein könnte. Das in der Nähe am Kronsberg liegende Beispiel der Firma dvg, die der Stadt den Bau des Spiel- und Sportparks finanzierte und auf einem Bauerwartungsgelände einen temporären Park einrichtete, zeigt, dass so etwas durchaus möglich ist.
Noch nicht abzusehen ist die Annahme der Parks durch die Menschen vor allem des benachbarten und mit Grün unterversorgten Laatzen, die den Park über zwei Brücken erreichen können. Schon viele Laatzener haben den neu entwickelten Kronsberg mit dem Parc Agricole, der Kammbewaldung, dem Aussichtshügel und die Hermannsdorfer Landwerkstätten als Naherholungsziel entdeckt. Doch befürchte ich angesichts der vielen hundert Meter Betonwände in den „Gärten im Wandel“ und im „Expo-Park Süd“, in denen kaum eine soziale Kontrolle herrscht, dass die Graffiti- und Tagsprayer rasch ein wunderbares Betätigungsfeld finden werden. Eine Pflege der Parks über eine Gesellschaft oder einen Verein mit Beteiligung aller Nachbarn, wie Stadt Hannover, Stadt Laatzen, Messe AG und Gewerbeanlieger ist in der Diskussion. Es wäre auf jeden Fall eine Möglichkeit, die hohen Parkpflegekosten auf mehrere Schultern zu verteilen und die Parks als wichtige grüne Zeugen der ersten und einzigen Expo in Hannover zu erhalten.

 

Ronald Clark; in: Garten und Landschaft 2000/11

 

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