Italienische Gärten – Impressionen
Wo kommen sie plötzlich
hier, diese unzähligen Gärten, die das Land wie Perlen überziehen.
Auf Schritt und Tritt begegnen sie einem, im hintersten Winkel des Landes
wird man von wundersamen Dingen überrascht. Der klassische Renaissance-Garten
erlebt eine wahre Renaissance, überall werden die alten Gärten auf
Vordermann gebracht. Herrschte vor 20 Jahren noch ziemlicher Katzenjammer,
was die Restaurierung dieser Anlagen betrifft, so ist in der letzten Zeit
viel geschehen. Der Garten der Villa d’Este wurde generalüberholt,
la Foce hat ein Lifting erlebt, das Parterre von Viganello wurde bestens hergerichtet
und etliche weitere Anlagen wurden auf neuesten Stand gebracht. Daneben entstanden
beispielsweise rund um Rom grosse private Garten- und Parkanlagen, die öffentlich
zugänglich sind. Zudem wurde die FAI geschaffen, eine ähnliche Institution
wie der englische National-Trust, die es sich zur Aufgabe gestellt hat, die
historischen Bauten und Gärten zu erhalten.
Es lohnt sich also, nach
Italien zu fahren. Ich habe ein Programm
zusammengestellt, wie es vermutlich noch nie in dieser Art angeboten wurde.
Nicht nur eine grosse Anzahl privater Gärten, die man sonst nicht besuchen
kann und die noch kaum jemand entdeckt hat, stehen auf der Liste, wir wollen
uns auch ein wenig einlassen in die tiefere Vergangenheit der Italiener und
auch einen Abstecher in das Land der Etrusker und natürlich der Römer
machen. All das gehört zum Verständnis der italienischen Kultur.
Wer hat es denn schon erlebt
Und wir werden uns auch königlich bewirten lassen. Dreimal sind wir geladen
bei den Noblen des Landes, die ihre Küche und ihr Schloss für uns
öffnen.
Und dann wollen wir auch die heutige Zeit entdecken. Fast wie Unkraut spriessen
die Kunstgärten aus dem Boden. Nicht zuletzt sind es Schweizer, die sich
hier nieder gelassen haben. Der bekannteste ist wohl Daniel Spoerri, na ja,
vielleicht nicht gerade ein Urschweizer, aber ein genialer Künstler,
Paul Wiedmer und eigentlich auch Nicki StPhalle, aber ob wir es bis zu ihrem
Tarotgarten schaffen, steht noch nicht fest. Einige davon besuchen wir aber
ganz bestimmt.
Endlich entdecken wir
auch private Gärten, die Qualität aufweisen, wie
beispielsweise der HORTUS UNICORN in der Nähe von Civitello d’
Agliano (VT). Luca N. De Troia hat sich hier einen Garten angelegt, wie man
es kaum feiner machen könnte. Weit abseits von jeglicher Zivilisation
bildet die einmalige Kulisse der Kreidelandschaft einen phantastischen Hintergrund.
Archaisch ergiessen sich die ausgefurchten Kämme dieser seltsamen, weissen
Landschaft in die Tiefe. Es sieht aus, als hätten sich hier riesige Baumaschinen
in den Körper der Erde hineingefressen und vegetationslose Wüsten,
die sich scharf von der Waldungen abgrenzen, hinterlassen. Ganz hinten eröffnet
sich ein Blick auf das auf einem inselartigen Hügel und nur über
eine hässliche Betonbrücke erreichbare Civita, eines jener unzähligen
Kretenstädchen, wie man sie in der Toskana, in Umbrien und auch im Lazlo
in rauen Mengen findet und die von Schwärmen von Touristen heimgesucht
werden.
Das einzige was in diesem Garten nicht zelebriert wird ist der Zugang. Wer
es aber wagt, sich auf dem steilen Weg, der grundsätzlich befahrbar,
das Ende aber unabsehbar ist, in die ungewisse Tiefe hinunter zu stürzen,
wird unvermittelt vor einer gepflegten Gartenlandschaft mit moderner, in Naturstein
gehaltenen Villa stehen. Letztere ist nur über eine kleine Brücke
erreichbar und in den Garten führt eine schmale Treppe, deren Zugangstürchen
Efeuüberwachsen ist (oder war es Euonymus, ich werde das nächste
Mal acht geben müssen). Vor dem Haus sind sorgfältig geschnittene
Buchskuben angelegt, an die der gepflegte Rasen anschliesst, der wiederum
in tiefen Buchten endet. Durch ein auf die Kante gestelltes Fenster wird die
grandiose Aussicht sozusagen strukturiert und fassbar gemacht.
Der nächste Blick wird aufgefangen von einer in der Mitte gespaltenen
und rot erleuchteten Natursteinstele. Und lässt man den Blick weiter
schweifen, entdeckt man den Lotusweiher, der von einem Bambusrohr gespiesen
wird.
An diesen ersten Strauchvorhang schliesst eine stattliche Paeoniensammlung
an. Und immer wieder schweift der Blick in die phantastische Landschaft, lässt
einen beinahe vergessen,
dass der Garten ja noch weiter geht, etwas wildere Bereiche umfasst, aber
auch einen Pool beinhaltet, der endlich einmal eine spannende, in die Länge
gezogene Form aufweist.
Lazio
Der Garten von Prof. Portoghese
und seiner Frau in Calcata ist eine Köstlichkeit sondergleichen. Eine
Mischung aus orientalischer Verspieltheit und klassischer Renaissance wirft
sich uns gleichsam entgegen. Trotzdem wir unangemeldet sind empfängt
uns Frau Portoghese freundlich und warnt uns gleich vor den Tieren, was wir
im Augenblick nicht so ganz verstehen. Wir sollen aber doch gleich raufsteigen
und uns umsehen, sie würde dann jemanden schicken. Und so erklimmen wir
die schmale Zugangstreppe und treten unvermittelt ein in eine ganz andere
Welt. Ein Hauch von Tausendundeinernacht umfängt uns, komponiert zu wohnlicher
Behaglichkeit, denn
das Bad dient nicht nur der Schönheit, sondern ebenso dem Badevergnügen.
Die Wasserspiele versprechen Kühle und Sinnlichkeit, der zentrale, zeltartige
Pavillon lädt zum Verweilen ein.
Anschliessend an diesen Vergnügungsbereich erstreckt sich eine klassische
Broderie, die eingeleitet wird von einer filigranen Kunst. Und dann plötzlich
kommen die wilden Tiere, die da friedlich den Rasen mähen. Zwei Strausse
sind es, welche den wunderschönen Olivenhain sauber halten, die uns gegenüber
allerdings relativ skeptisch eingestellt sind. Einer lässt es sich allerdings
nicht nehmen, sich neben der Albizie ablichten zu lassen. Was die mystischen
Zeichen im Hain bedeuten wird und Frau Portoghese bestimmt noch erläutern.
Weiter hinten entdecken wir dann eine weitere Liebhaberei der Besitzer: grosse
Volieren und einen umzäunten Bereich mit einer grossen Anzahl wunderschöner
Vögel.
Dann wenden wir uns wieder zurück und entdecken das Herzstück der
Anlage: eine moderne Adaption an die Villa Lante, vor allem an die dort entwickelten
Treppenanlagen. Ein in den Hang gelegter Gartenhof erlaubt es, mit den verschiedenen
Treppenformen zu experimentieren. Wobei allerdings das Ganze nicht aus dem
Auge gelassen wird. Manchmal wirken die spitzen Formen allerdings doch etwas
gefährlich. Aber alles ist sehr fein und gekonnt verarbeitet, wirkt elegant
und mitnichten manieristisch. Und selbst was ich bislang vermisst habe, nämlich
der Ausblick auf das Städtchen Calcata entdecke ich im letzten Augenblick:
die Terrasse auf dem Studio, welche diesen köstlichen Blick vermittelt
auf ein Städtchen, das vom Tourismus noch nicht entdeckt wurde und das
sich wie ein Schwalbennest auf die oberste Spitze eines Felsens schmiegt.
Rückseitig ist einem noch einmal ein Blick in jenen Treppenhof vergönnt.
Orto Botanico
San Lorenzo Bracciano
Unter einem botanischen Garten stellt man sich im Allgemeinen
einen für die Öffentlichkeit zugänglichen Ort vor. Dem ist
hier allerdings nicht so und das Auffinden dieses Gartens ist auch nicht die
einfachste Angelegenheit. Orientieren konnten wir uns immerhin an der Angabe
für die kleine Kapelle, bis unverhofft ein massives Tor den Weg versperrt.
Das ist allerdings nicht das einzige Mal, dass uns das passiert. Nach dem
Erzählen einer kurzen Geschichte sperrt es sich dann auf und wir parkieren
direkt vor der Kapelle. Zunächst verirren wir uns in den eher logistischen
Bereichen dieses Gartens, der wie überall in grösseren Gärten
aussieht.
Das Büro wirkt verlassen und aufgeräumt – kein Botanikerchaos
weit und breit. Dann entdecken wie die gepflegteren Bereiche, die plötzlich
prächtige Ausblicke auf den Lago di Bracciano zelebrieren. Hübsche
Blumenrabatten, kleine Wasserbecken, dann der Blick auf die moderne Villa
sind weitere erwähnenswerte Attribute. Alles in allem ein sehr geschmackvoll
möblierter Park mit sehr schönen Baumgruppierungen, zwischen denen
immer wieder der Blick auf den See freigegeben wird. Von einer systematischen
Botanik ist aber auch da nichts zu spüren, was uns nicht weiter stört.
Hingegen stören uns die Gärtner, die wir vermutlich aus dem Mittagsschläfchen
geweckt
haben und die uns erklären, dass der Garten strickt privat sei und wir
hier nicht einfach so rumlaufen dürften.
Immerhin überzeugt uns das gesehene, eine gepflegte, hübsch geordnete
Parklandschaft,
die durchaus einen Besuch (auf Voranmeldung) lohnt.
Castel Giuliano
Auch dieser Garten ist nur auf Voranmeldung zu besichtigen. Es ist ein Sitz,
der bereits von den Etruskern und dann von den Römern belegt wurde. Hinter
mächtigen Mauern verbirgt sich inmitten einer natürlichen Gartenlandschaft
ein prachtvoller Rosengarten. Dem war allerdings nicht immer so. Seit dem
16. Jh. befindet sich die Anlage im Besitze der Marchesi Patrici. Zwischendurch
zerfiel der Garten wohl ziemlich, um in den letzten Jahren wieder auf Vordermann
gebracht zu werden. Einen typisch italienischen Garten findet man hier nicht.
Vielmehr besteht der Garten aus einzelnen Bereichen, die sich in dieser doch
eher burgartigen Anlage zwischen den einzelnen Gebäuden ergeben. Immer
wieder entdeckt man allerdings sehr hübsche Versatzstücke. Mit viel
gärtnerischem Verstand und Liebe hat die Marchese Umberta Patrici eine
Sammlung von Duftstauden und Gewürzen, Blütengehölzen und vor
allem Rosen angelegt. Unter dem Schirm von mächtigen Pinien gedeihen
seltene Moschat- und Centifolia-Rosen.
Castello di Vignanello
So etwas stellt man sich vor, wenn man von einem italienischen Schloss
mit Garten spricht.
Es ist, als sei die Zeit stehen geblieben und das seit 400 Jahren. Die heutige
Prinzessin Claudia Giada Ruspoli wirkt allerdings alles andere als antiquiert,
sondern stellt eine attraktive junge Frau dar, die mit Umsicht ihren Besitz
verwaltet.
Die heutige Anlage geht auf Ottavia Orsini zurück, irgend eine ebenso
verrückte Verwandte des Orsini, der Bomarza ungefähr zur gleichen
Zeit geschaffen hat. Der ganze Stammbaum dieser Verwandschaft bis hin zur
heutigen Besitzerin ist auf einem hübschen Stammbaum im Schloss dargestellt,
welcher einem der Verwalter mit grosser Inbrunst erläutert. Ottavia wird
einem darauf als grosse Männermörderin dargestellt, die ihre Ehegatten
im allgemeinen auf frischer Tat mit irgendwelchen Frauenzimmern erwischst
und dann flugs ins Jenseits befördert oder befördern lässt.
Doch widmen wir uns dem Garten, von dem glaubhaft geschildert wird, dass die
prächtigen Buchsbroderien original aus der Entstehungszeit stammen würden.
Eine dendrologische Untersuchung müsste dies mal verifizieren. Das Parterre,
durch den Burggraben mit Ziehbrücke vom Schloss getrennt, gilt als eines
der schönsten in ganz Italien. Aufbauend auf dem orthogonalen Prinzip
ist der Garten durch ein Wegekreuz gegliedert und die einzelnen Gevierte sind
wiederum in total 12 Compartimente aufgeteilt, welche im wesentlichen die
Insignien der Familie darstellen. In der Mitte befindet sich ein grosses Wasserbecken,
das mit Balustraden eingefasst ist. Original, so die Meinung der Kulturexperten,
seien die Broderien in Lavendel ausgeführt gewesen. Schon damals hat
Ottavia ihre und die Insignien ihrer Kinder Sforza und Galeazzo in Grün
gearbeitet.
Die Eleganz und Klasse des Gartens gibt den Stil und die Mode der Renaissance
wieder und überlebte alle späteren Stilepochen. Trotz aller Strenge
umgibt den Garten eine familiäre Atmosphäre, nicht zuletzt vielleicht
weil die Anlage immer im gleichen Besitz blieb, welche ihm die nötige
Aufmerksamkeit widmete. Während die niederen Broderien in Buchs gehalten
sind, bestehen die Einfassungen aus Lorbeer, Kirschlorbeer und Viburnum tinus.
Rechts über nimmt ein kleines Boskett die Aufgabe, die Unregelmässigkeit
des gesamten Bereiches auszugleichen und ist wohl zudem bestens geeignet,
in der Sommerhitze Schatten zu spenden.
Weiter hinten und tiefer gelegen erstreckt sich ein giardino secreto, einfacher
gestaltet, möglicherweise diente er früher auch als Nutzgarten.
Linkerhand erstreckt sich ein lang gezogenes Boskett, welches auch wieder
die Asymmetrie des Gesamtareals ausgleicht. Die ganze Anlage ist vom übrigen
Gelände durch hohe Futtermauern getrennt – eine deutliche Abgrenzung
von der Wildheit der umgebenden Natur, allenfalls ein Bindeglied zwischen
dieser und der Urbanität des Gebäudekomplexes.
Der Garten darf in der Tat als Musterbeispiel der späten Renaissance
betrachtet werden. Seine Klarheit und Einfachheit, die Beschränkung auf
wenige Elemente, das Fehlen von Wasserspielen hebt ihn deutlich ab von der
überbordenden Gier anderer Arbeiten. Der Garten wurde letztmalig im Rahmen
des Projektes ‚Barcho’ zwischen dem 1. März und 30. September
1999 mit jungen Freiwilligen restauriert.
La Cannara
Wenn ein Garten in Italien, resp. seine Besitzer das Prädikat 'liebenswürdig’
bekommen würde, dann wäre es dieser. Mirella und Massimo Faggiani
haben sich hier sozusagen inmitten des Baches Marta, dem Ausfluss des Lago
di Bolsena, ein wundervolles kleines Reich geschaffen. Im Zentrum steht die
alte Fischereianlage, die bereits zur Zeit der Etrusker hier bestanden hätte
und auch von Dante verewigt wurde, da sich hier ein Schuft mit Aal vollgefressen
hätte – die Anlage diente hauptsächlich dem Aalfang –
und nun von Dante ins Purgatorium verdammt wurde. (Dem Teufel werden wir im
übrigen in einem anderen Garten begegnen). Die zerfallende Fischerei
wurde von den Beiden in ein hübsches Wohnhaus umgebaut, welches natürlich
den besonderen Reiz hat, wirklich über dem Wasser zu stehen. Der Bach
wurde teilweise umgeleitet, um hübsche Seen und Kanäle zu schaffen.
Wild überwuchern Rosen und Clematis das alte Haus. Die umgebenden Bereiche
wurden sorgsam hergerichtet mit feinen Rasenflächen und begleitenden
mixt Borders, die jahreszeitlich geordnet sind. Ich entdecke im Herbst ein
blaues Eupatorim Grosse Bäume spenden Schatten. Man spricht von viertausend
verschiedenen Arten, die hier anzutreffen seien. Wiewohl unregelmässig
angelegt, ist in Cannara eine ordnende Struktur zu erkennen. Wie eine Komposition
von Chopin reiht sich Satz an Satz, wiederholen sich die Themen in schönen
Variationen. Plötzlich entdeckt man gar eine Sumpfzypresse, gleich neben
dem Hain aus japanischem Ahorn.
Mirella ist eine passionierte Gärtnerin, die uns mit viel Freude durch
den grossen Garten führte und ich konnte doch hie und da mit gewissen
Kenntnissen brillieren. Und man staunt, wie gepflegt der Garten ist, man wähnt
Heerscharen von Gärtnern, aber die beiden schaffen das alleine.
La Lancidiavolo
Als wir den Kellner im Hotel in Soriano, also nur ein paar Kilometer
von diesem Garten entfernt, fragten, ob er uns sagen könne, wie wir zu
diesem Garten kämen, schüttelte er verlegen den Kopf. Internet sei
Dank, das uns so zumindest eine ungefähre Ortsangabe vermittelte und
in der Tat trug auch eine Strasse diesen Namen. Also verfolgten wir diesen
Pfad und als ein hübsch aufgeräumtes Gärtchen erschien, wähnten
wir uns richtig. Ausser rund 25 niedlichen Katzen liess sich allerdings niemand
blicken und wie in einem solchen Falle üblich, machte ich mich trotzdem
auf den Weg, den teuflischen Garten zu erkunden. Und es lohnte sich. Es eröffnete
sich mir ein Liebhabergarten, wo sich westliches und östliches begegneten.
Man taucht sozusagen ein in eine ganz andere Welt, eine Gartenwelt, bewegt
sich auf verschlungenen Pfaden, begegnet dem Buddah, hört dem Vogelgezwitscher
und dem Murmeln des Baches zu. Und weiter hinten eröffnen Felsformationen
neue Perspektiven, ahnt, dass es noch weiter gehen könnte.
Natürlich
ist das ganze Gelände fein beschattet vom lockeren Auengehölz.
Wendet man sich wieder dem Haus zu, steht man unvermittelt vor dem eigentlichen
Wohngartenbereich, der von einem magischen Kreis dominiert wird. Und von innen
wird man von den Katzen aufmerksam beobachtet. Man fühlt die kreative
Kraft, die vom Erbauer dieses Gartens ausgeht und die er in diese Natur hineinlegt.
Der Garten ist voller Überraschungen und der einige kleine Wermutstropfen
ist der Whirlpool, der nicht gerade akurat platziert wurde.
La Scarzuola
Dies ist wohl etwas vom seltsamsten, was einem begegnen kann. Ist es ein Park?
Eigentlich nicht. Ein Garten? Eher nein. Ein Theater? Damit käme man
der Sache schon etwas näher. Aber was soll ein Theater dutzende von Kilometern
von jedem Ort entfernt und mitten in der Wildnis.
Doch halten wir uns an die Fakts. Zunächst ist da von Franz von Assisi
die Rede, dem hier eine Kirche gewidmet ist. Man erzählt sich, dass sich
der Heilige hier im Jahre 1218 niedergelassen hätte und eine Hütte
aus Scarsa, einer Wasserpflanze, gebaut hätte. Wie auch immer, der Ort
war prädestiniert, hier in dieser vollkommenen Abgeschiedenheit eine
Kirche zu bauen, die wohl mehr und mehr in Vergessenheit geriet.
Wie wir uns diesem Ort nach langer ziemlich ruppiger Fahrt durch die völlige
Abgeschiedenheit nähern, entdecken wir zuerst die Kirche. Ein schlichtes
Bauwerk, verschlossen natürlich und wir sinnieren, ob dies wohl alles
sei. Nach kurzer Konsultation des mitgebrachten Textes über den Ort kam
ich zur Einsicht, dass sich hier noch wesentlich mehr verbergen müsste.
Es ist da von einem Architekten namens Tommaso Buzzi die Rede, der das Anwesen
im Jahre 1957 gekauft haben solle, um hier eine Idealstadt zu bauen.
Und es ist in der Tat ein verzauberter Ort, der sich einem hier eröffnet,
wenn man sich nur ein paar Schritte weiter wagt. Plötzlich eröffnet
sich einem ein Faszinotum sondergleichen. Man scheint in eine andere Welt
abgetaucht zu sein. Aber der Mund bleibt vor Verwunderung offen stehen und
man glaubt nicht was man sieht. Hier an diesem sozusagen heiligen
Ort ist ein architektonisches Wunderwerk entstanden, eine Szenerie, wie sie
eigentlich nur einem verrückten Genie entspringen kann. Natürlich
ist es keine ausgedehnte Stadt, die sich hier entwickelt, aber wenn man Buzzis
Idee von einer Idealstadt zugrunde legt, so ist doch äusserst erstaunlich,
was hier entstanden ist. Das ganze mutet wie ein Theater an, ein Theater,
das sozusagen den Mittelpunkt städtischen Daseins bildet. Im Theater
selbst sind Wohnungen eingelassen, die von den Bürgern bezogen würden.
Und anstelle der griechischen Agora tritt nun das Theater mit seinen unzähligen
Symbolen und Verzierungen. Die Welt ist ein Theater, nachdem die Demokratie
nichts mehr zu melden hat, die in Rom sowieso machen was sie wollen. So könnte
man Buzzi interpretieren, wenn man sich nicht von der Köstlichkeiten
der Architektur überwältigen liesse. Eine profane Stadt sollte es
werden, angesichts des sozusagen von Franziskus geheiligten Stück Landes
beinahe ein Sakrileg, aber die Kirche ist ja noch da und gewiss Bestandteil
des gesamten Ensembles.
Nun, es sind unzählige kleine Details, an denen man sich begeistern könnte,
hinter denen wohl verborgen irgend ein Sinn versteckt ist. Und es ist müssig,
hier alle kleinen und grösseren Virtuositäten, Arkaden, Pilaster,
Säulen, Höhlen und Figuren im Detail zu erläutern. Wir wollen
es auf uns wirken lassen.
La foce
Die La Foce Villa, erbaut
in 1498, mit seinen wunderschönen formalen
Gärten, restauriert vom englischen Architekten Cecil Pinsent, ist ein
wundervolles Ziel unserer Reise.
Eine Kapelle mit Fresken befindet sich in der mittelalterlichen Burg, Castelluccio.
Als Antonio und Iris Origo das Anwesen von La Foce kauften, beauftragten sie
den englischen Architekten Cecil Pinsent, der zuvor umfangreiche Arbeiten
an Bernard Berenson's Villa I Tatti in Florenz ausgeführt hatte, mit
der Umstrukturierung der wichtigsten Gebäude und der Restaurierung des
großen Gartens. Letztere wurde so konzipiert und erweitert, um dem Renaissance
Haus den spektakulären Blick über das Tal der Orcia und der Amiata
Berg zu ermöglichen. Die Harmonie zwischen Gebäuden, Garten und
der Natur macht La Foce zu einem idealen Beispiel der Toskana bezüglich
der architektonischen und kulturellen Entwicklung zu Beginn des XX. Jahrhunderts.
Der Garten wuchs allmählich zwischen den Jahren 1925 und 1939. Das
Haus ist umgeben von einem formellen italienischen Garten, der ist in geometrischen
"Zimmern" durch Hecken mit Zitronenbäumen in Terrakotta- Töpfen.
Gegliedert ist. Treppen aus Travertin führen zum Rosengarten und einer
mit gewundenen Glyzinien gedeckte Pergola, umgeben von Lavendel Hecklein.
Sanfte informellen Terrassen erklimmen den Hügel, wo Kirschbäume,
Pinien und Zypressen wachsen über wildem Ginster, Thymian und Rosmarin.
Eine lange Allee aus Zypressen führt durch den Wald zu einer Statue aus
dem 17. Jahrhundert. Ein Weg verbindet den Garten und die Familienfriedhof,
der als einer der besten Pinsent- Kreationen gilt.
Villa d’Este
Die Villa d’Este ist an einem Ort entstanden, der „Valle Gaudente“
genannt wurde, ein Tal, das zwischen Weinbergen und Olivenhainen lag. Vor
der heutigen Verwendung war die Villa d’Este ein “einfacher”
Benediktinerkonvent. Es war Ippolito II. d’Este, der ihr die heutige
Bestimmung gab. Nach
seinem Tod 1572 blieb die Villa in Besitz der Este, die im Laufe der Jahre
fortfuhren, sie zu verschönern und sie mit neuen Fontänen und Brunnen
zu bereichern. Unter anderem hat dazu Gian Lorenzo Bernini unter den Kardinal
Alessandro d’Este beigetragen.
Das Wasser: dies ist das
dominante Motiv der Villa d’Este. Brunnen, die wie Kaskaden wirken,
die hunder Fontänchen und die „Fontana dell’Organo”.
Und dann die Gärten und der Palazzo, Beispiel der Großartigkeit
der Renaissance in Italien. Das Ganze in einer Umgebung absoluten Friedens
und der Seelenruhe: man kann nur der „Wassermusik“ zuhören.
In der Tat ist die Villa d’Este von Ippolito d’Este, dem Sohn
von Lucrezia Borgia und Alfonso d’Este gebaut worden. Die Geschichte
der Villa hängt eng mit dem Leben des
Kardinals Ippolito d’Este zusammen: Papst Julius III. wollte ihn dafür
belohnen, dass er einen ausschlaggebenden Beitrag zu seiner Papstwahl geleistet
hatte und ernannte ihn auf Lebenszeit zum Gouverneur von Tivoli. Und so ist
die Villa d’Este heute ein prunkvoller Renaissancepalast, der von einem
Park mit staunenswerten Brunnen und Wasserspielen umgeben ist, die vom Fluss
Aniene gespeist werden. Einige der Brunnen, Meisterwerke hydraulischen Ingenieurswesens,
geben Töne entsprechend der Wasserspritzer ab. Dank einer Restaurierung
vor kurzer Zeit, haben auch die „Orgelfontäne“ (Fontana dell’Organo)
und die Fontana della Civetta wieder angefangen, zu „spielen“.
Vom Wasser getrieben, gibt die Fontana dell’Organo vier Stücke
Renaissancemusik wieder, während die der Civetta (Eulenvogel) den Gesang
der Vögel wiedergibt, die beim Auftauchen eines Raubvogels plötzlich
still werden.
Die Gärten erstrecken sich unterhalb der Villa an einem Hang und sind
ein Meisterwerk der Gartenkunst. Es
gibt mehr als 500 Brunnen, Nymphäen, Wasserspiele, Grotten und Wasserbecken
sowie eine Wasserorgel. Das natürliche Gefälle wurde kunstvoll zum
Betrieb der enormen Anlage genutzt.
Der Garten besteht aus zwei Teilen unterschiedlicher Charakteristika.
Der Hanggarten erstreckt sich mit einer Abfolge von Rampen, Treppen und Terrassen
über den Abhang. Die durch Nischenarchitektur markierte Mittelachse führt
vom Palast den Hang herunter zum Hauptgarten. Quer zum Hang gibt es lange
Wege entlang linearer Brunnenanlagen (Allee der hundert Brunnen). An den Kopfenden
sind besondere Brunnen zu finden (Fontana di Tivoli, Fontana di Roma).
Dann folgt unterhalb die imposante Querachse der Gärten, die längs
des Hanges liegt. Auf ihr liegen drei hintereinander gestaffelte Fischteiche.
Das letzte Becken schneidet in den nordwestlichen Hang ein und wird von einer
Doppelterrasse abgeschlossen, über der der imposante Neptunbrunnen mit
Wasserorgel thront. Auf
der anderen Seite ordnete Ligorio eine Exedara, eine Art Aussichtspunkt an,
der aus der südwestlichen Gartenbegrenzung herausragte. Dort hat man
einen weiten Blick über das Tal.
Der Hauptgarten (Gardino delle Semplici) ist etwas flacher. Laubengänge
führen durch kleine Gärten; im manchen Beeten sollten ursprünglich
Heilkräuter und Nutzpflanzen angebaut werden. In der Idealansicht von
Etienne Dupéraque 1573 erkennt man zwei Labyrinthe in diesem Teil der
Gärten.
• Die Allee der hundert Brunnen im Hanggarten.
• Im Tivolibrunnen im Hanggarten. Er bildet das wichtigste Wasserreservoir
der Anlage. Durch einen unterirdischen Kanal tritt hier ein Nebenarm des Flusses
Aniene hervor und wird dann auf weitere Kanäle, die die Anlage speisen,
weiterverteilt. Über dem Brunnen erhebt sich ein künstliches Gebirge,
das von einer Pegasos-Statue beherrscht wird.
• Die Fontana di Roma und die Rometta, eine Kulisse (die das alte Rom
darstellt und die um 1855 zum größten Teil abgebrochen wurde) bilden
den Gegenpol zum Tivolibrunnen. Die Kunst der Bewässerung wird hier symbolisch
als Grundvoraussetzung für die kulturelle Blüte Roms dargestellt.
• Der imposante Neptunbrunnen mit dem darüber liegenden Orgelbrunnen
auf der Querachse. Letzterer enthielt einst eine wasserbetriebene Wasserorgel,
die Ende des 18. Jahrhunderts unwiederbringlich verloren ging. Sie wurde in
jüngerer Zeit analog nach dem pneumatisch-hydraulischen System wieder
instand gesetzt.
Einordnung in Kunst- und Architekturgeschichte
Die Villa d’Este ist ein Hauptwerk der italienischen Renaissance. In
einem Stich von Etienne Duperac erkennt man die typische, geometrische Gliederung
der Gärten. Auch die antiken Statuen sind eindeutig der Renaissance zuzuordnen.
Schon als manieristisch sind die vielen mythologischen Bezüge zu bezeichnen,
z. B. die Rometta. Ein typisch barockes Element sind die Blickachsen der Alleen
und Wege. Die Gärten wurden auf jeden Fall ein wichtiges Vorbild für
viele Gärten im Zeitalter des Manierismus und Barock.
Bomarzo
"Der Du hier eintrittst und versuchst, alles von Anfang bis Ende zu verstehen,
sage, ob so viele Wunder geschaffen wurden, um den Fehler der Kunst zu begehen."
(Inschrift im Park von Bomarzo)
In der Nähe von Rom,
bei Viterbo, findet man, halb versteckt von Bäumen und Gestrüpp,
"verdrehte" Plastiken: Monstren, Giganten, Fabeltiere in einem Park,
der ebenso an die magischen Landschaften der manieristischen Graphik erinnert
wie an die Visionen von Max Ernst. Schon Leonardo und Michelangelo haben solche
monströsen Kuriositäten gezeichnet, Misch- und Fabelwesen, Phantasieprodukte
des Intellekts. Der Park von Bomarzo, ab 1552 im Auftrage Vicino Orsinis entstanden,
ein Bekannter Alessandro Farneses, dem Förderer des Vatikanischen Museen,
stellt sich als bildhauerische und architektonische Wunderlandschaft dar.
Aus Inschriften in diesem Park weiß man, was dieser "Sacro Bosco"
bedeuten soll: es handelt sich um einen "heiligen Wald, der keinem anderen
gleicht". Alles darin ist verzerrt, sogar die Wege; die Architektur ist
bewußt falsch konzipiert, jedem
"Normalen" entgegengesetzt, so daß sich eine Wahnvorstellung
ergibt, jene "follia", welche eine wichtige Triebkraft für
Kunst und Dichtung darstellt.
Bomarzo ist ein typischer Privatgarten: weltmüde Fürsten und Hofdandys
fanden hier ein intellektuelles, ein ästhetisches Schauerarkadien, ein
Stimulans für den Trieb zum Irrealen, eine neue künstliche Natur,
in der Schönheit und Grauen sich mischen. Der Park soll erstaunen. Eine
Inschrift empfiehlt, mit "gehobenen Augenbrauen und versiegelten Lippen"
durch diesen Ort zu gehen. Die Entstellung des menschlichen Körpers,
der Architektur, der Natur erfolgt hier mit verrücktem Kalkül; sie
wird bewußt als ästhetisches Mittel verwendet. Ein Brief Orsinis
erzählt von "Giganten-Fabeln und so vielen anderen extravaganten
und übernatürlichen Dingen". Im Park finden sich Gigantomachie-Rätsel,
Untiere, eine kapriziöse Sphinx, ein Elefant, geführt von einem
Neger, der einen römischen Legionär im Rüssel erstickt, ein
Höllenschlund, eine gewaltige Schildkröte u.v.m., kurz: manieristischer
Synkretismus,
eine "Verschmelzung" von Gegensätzen.
Der Schöpfer dieser artifiziellen Wunder-Natur ist vermutlich der Florentiner
Amanati. Seine literarische Vorlage ist das Versepos "Amadigi" von
Bernardo Tasso, dem Vater Torquatos. Darin findet man einen Zauberwald, den
der Held durchwandern muß, allen möglichen Schrecken und Verführungen
begegnend, bis er -dank seiner stoischen Haltung- im Ruhmestempel anlangt.
Doch welche Werke auch als Vorlage gedient haben mögen, im Park werden
Würfel mit vielen Wunder-Punkten hingeworfen: aus dem Zufall des Spiels
entsteht eine Welt.
Vielleicht war der europäische Geist damals, über Kriege und Umwälzungen
aller Art hinaus, in seiner Spitze in Folgendem einig: im intellektuell-abstrus-mystischen
Spiel, in einer Art aristokratischen Verachtung alles leicht Überschaubaren,
Begreiflichen und Begrifflichen, in einer fast bösen, zumindest mutwilligen
Verachtung des "Normalen". Einzigartigkeit und Unvergleichbarkeit
sind das Motto. In Bomarzo findet sich die Inschrift: Er (der Park) "der
nur sich und keinem anderen gleicht". Eine Formel des manieristischen
Subjektivismus, des besessenen Strebens nach Distanz und Unterscheidung. Welche
Wirkung löst Einzigartigkeit aus? Verblüffung, Erstaunen, Schock.
"Schock" ist die Wirkung, die alle Surrealisten vorzugsweise erreichen
wollen. Der Schöpfer von Bomarzo wollte ein Mysterium darstellen: die
"Erschütterung", die man vor dem Ungewöhnlichen, vor dem
ganz und gar Andersartigen, vor dem Zusammenfall des Gegensätzlichen,
vor der plötzlich harmonisierenden Wirkung des Abstrusen oder vor dem
schlechten Geschmack spürt. Dieser Kunstgriff der "Verblüffung"
ist von einem stärkeren als einem nur gauklerischen Effektstreben bestimmt:
es soll das Gegensätzliche der Erscheinungen im Erlebnis des "verblüfften"
Erschreckens überwunden werden. Die Gegensätzlichkeit wird in dieser
Welt schizophrener Phantasmen ein Ereignis des Spleens. Magie, säkularisierte
Mystik und Spleen verbinden sich, von introvertierter Erotik nicht zu reden.
(Bomarzo galt den Bauern jahrhundertelang als eine Teufelslandschaft sexueller
Orgien.) Der
Park will das Unverständliche in "Bildformeln" zusammenfassen.
Bomarzo ist ein manieristisches Konzentrat Europas, ein anamorphisches Labyrinth
- ein Zerrbild.
Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit könnte das Programm des Gartens
sein.
Eine weitere Inschrift empfiehlt dem Besucher:
„Gehe mit gehobenen Augenbrauen und versiegelten Lippen“.
Eine weitere Inschrift:
„Er, der nur sich und keinem anderen gleicht.“
Eine Formel des maniristischen Subjektivismus, des besessenen Strebens nach
Distanz und Unterscheidung.
In seinen letzten Lebensjahren stattete Orsini sein Anwesen mit folgenden
Leitsätzen aus:
Verschmähe das Irdische: Nach dem Tode erst gibt es wahren Genuss
Du kannst nur gewinnen, wenn du dich selbst kennst“ und „Sei du
selbst“.
An anderer Stelle heißt es hingegen:
„Iss, trink und spiel, nach dem Tode gibt es keine Begierde“ (Antithese)
Mit der Inschrift:
„Glücklich, die den Mittelweg wählen“
lobt Orsini die Weisheit
der Mäßigung. Dieser letzte Satz stellt die Synthese aus den beiden
vorgenannten dar.
Das Ganze endet in der Selbsterkenntnis:
„Verschmähe das Irdische: nach dem Tode erst gibt es wahren Genuß“
In Bomarzo scheinen die Weltregeln ihre Gültigkeit verloren zu haben, es ist, als ob der Garten sich den Gesetzen der Natur entziehen will.
Villa Lante (ML. Gothein)
Ein gütiges Geschick hat dafür, zwar ferne von Rom und im Vergleich
zu
diesen Villen in bescheidenem Umfang, ein Kleinod völlig erhalten, das
heute nebst der Villa d’Este in Tivoli am besten den Geist jener Tage
verbildlicht: das ist die Villa Lante bei Bagnaja. Eine zeitgenössische
Nachricht oder Tradition über den Baumeister dieser Villa haben wir nicht;
nur die Tatsache, dass Vignola in der Zeit ihrer Entstehung in dem nahen Caprarola
für die Farnese beschäftigt war, mehr noch der tief durchdachte
geistvolle Plan, der einen ganz grossen Baumeister voraussetzt, hat neuere
Forscher dazu geführt, auch in diesem Werke einen Entwurf von Vignola
zu sehen. Allerdings starb Vignola in dem Jahre, in dem Lante begonnen wurde.
Jedenfalls ist es unwahrscheinlich, wenn man, wie andere, gerade in diesem
geschlossenen und für die Entwicklung der Gartenarchitektur bedeutsamen
Werke das Zusammenarbeiten mehrer
Architekten
einer blühenden Provinzialschule sehen wollte. Bagnaja und das Gartengelände
ringsherum soll schon im XII. Jahrhundert zum Bischofssitz von Viterbo gehört
haben, und einer der Bischöfe zu Viterbo, Rainero, hat sich im XIV. Jh.
Auf dem Gebiete der heutigen Villa Lante ein Jagdschlösslein erbaut,
dessen Reste man noch in den Stallgebäuden der heutigen Villa erkennen
will. Auch aus dem XV. Jh. kommen Nachrichten, dass Kardinal Riario als Bischof
von Viterbo hier gebaut habe, was aber wohl wieder zugrunde gegangen ist.
Dann muss Julius III. es für kurze Zeit einem seiner Nepoten überlassen
haben, möglich, dass in dieser Zeit der Plan von Vignola entworfen worden
ist. Der eigentliche Bauherr ist aber erst der Kardinal Gambara, der in den
Jahren 1560 – 80 alles Wesentliche des Ziergartens hat ausführen
lassen.
Dem Baumeister war hier eine Aufgabe gestellt, nicht unähnlich der in
den orti Fernesiani. Die Villa musste allerdings wirklich ein Wohnplatz werden,
da sie nicht wie jene inmitten der Grossstadt, sondern bei einem kleinen Landstädtchen
liegt. Doch glaubte der Baumeister vielleicht den Charakter des Sommerlich-Ländlichen
besser zu bewahren, wenn er dem Gebäude den Schein dominierender Pracht
nahm, den ein fürstlicher Wohnsitz verlangte. So teilte er es in zwei
Wohnpavillons, die, wenn auch an bedeutendster Stelle des Gartens errichtet,
diesem doch den Vorzug liessen, sich in ununterbrochener Linie zu entfalten.
Von einem geschmückten Parterre steigt er empor bis zu den höchsten,
in das Walddickicht eingeschnittenen oberen Terrassen: ein unschätzbarer
Vorteil, besonders für die Entwicklung der Wasserkunst, worin Villa Lante
fast einzig dasteht. Die beiden Casini sind auf der ersten Terrasse an beide
Seiten des Gartens gerückt, das
Parterre überschauend, auf das als ihr Unterbau sich eine Pfeilerloggia
öffnet. Sie sind in einfach edlen Formen gehalten, die durch einen gewissen
Ernst und die Wuchtigkeit ihres Ausdrucks ausserordentlich gut in ihrer Wirkung
berechnet sind. Eine grössere Zierlichkeit, offene Loggien des Obergeschosses,
hätte sie zu sehr zu reinen Gartenpavillons herabgedrückt, während
ihnen nun der Charakter von Wohnhäusern völlig gewahrt bleibt.
Die erste Erwähnung und Schilderung des Gartens gibt Montaigne. Er sieht
die Villa im Jahre 1580, als sie noch Eigentum des Kardinals Gambara ist.
Damals war erst eines der Casini gebaut, dass aber von Anbeginn gleich zwei
geplant waren, steht ausser Zweifel, da schon Montaigne die ganze Wasseranlage,
die die Mittelachse des Gartens bildet, bis auf unwesentliche Veränderungen
angelegt fand. Montaigne, der die Villa besonders um des schönen klaren
Wassers ihrer Brunnen preist, stellt sie deshalb sogar über Villa d’Este.
Er findet einen Brunnenmeister ‚M.Thomas de sienne’ hier beschäftigt,
nachdem sein erfindungsreicher Kopf, wie Montaigne mitteilt, vorher für
die Villa d’Este beschäftigt worden war.
Bald nachdem Montaigne die noch junge Schöpfung gesehen hat, erwarb sie
der Nepot Sixtus V., der Kardinal Montalto, und noch zu Lebzeiten dieses Kardinals
wurde der früheste Stich angefertigt, der beide Wohnpavillons und den
Garten in seiner Vollendung zeigt, in dem gleichen Umfang, wie er noch heute
dank der Familie Lante, die ihn seit Jahrhunderten bewohnt, in seltener Erhaltung
gesteht.
Das Parterre der untersten Terrasse ist sehr prunkvoll gebildet. Von der Stadt
ist es durch eine hohe Mauer mit Torhaus abgeschlossen, ein grosses schmiedeeisernes
Gitter gestattet den Einblick. Die Mitte des Parterres nimmt beherrschend
ein Brunnen ein, vier balustradenumsäumte, quadratische Wasserbassins
umschliessen mit ihren abgerundeten Ecken ein kreisförmiges Becken; in
der Mitte desselben halten vier nackte
Jünglinge das Wappen der Montaldo, drei Berge mit einem Stern darüber,
hoch in den Händen empor. Wie das Wappen zeigt, gehört diese Gruppe
erst der Zeit der Montaldos an, Montaigne sieht hier statt dessen eine Wasserpyramide,
die ihr Wasser bald hoch bald niedrig wirft; in den vier Bassins sind vier
Schiffchen angebracht, in denen zu Montaignes Entzücken vier Musketiere
Wasser auf die Pyramide schiessen oder es mit viel Geräusch durch ihre
Trompeten blasen. Heute sind die Schiffchen mit Blumen befrachtet, unter denen
sich kleine unkenntliche Gestalten bergen. Das übrige Parterre hatte
regelmässige Beete, die von niederen Holzlattenzäunen umgeben sind.
Die Einfassung durch Hecken, wie wir sie heute sehen, war damals zwar nicht
unbekannt, doch allgemein gebräuchlich wird sie erst von der Mitte des
XVII. Jahrhunderts an.
Von diesem Parterre steigt der Garten in nicht sehr steilen Terrassen empor.
Der schräge Hang zwischen den Wohnhäusern hat wohl immer, wie heute
noch, Namen und Wappen des Hausherrn in Buchs getragen. Auf der Terrasse hinter
dem Häusern, die hier einstöckig sind, fängt der Schatten an,
der dem Parterre ganz fehlt. Zwei brunnengeschmückte Kastanienwäldchen
liegen zu beiden Seiten. Die Futtermauer, die die nächste Erdstufe stützt,
ist je mit zweistöckigen Säulenreihen geschmückt, die oberen
wurden als Vogelhäuser benutzt. Die Mitte aber ist für einen Brunnen
freigehalten, der in einer Fülle von Strahlen, Fällen und Stufen
das Wasser herabsendet. Die höhere Terrasse durchschneidet in der Mitte
ein schmales langes Wasserbecken, am Ende in der Futtermauer halten zwei mächtige
Flussgötter neben einem halbrunden Bassin Wacht, in das ein Krebs (gambara)
aus seinen Scheren das Wasser laufen lässt, sein Leib, als ein langer
Wasserkanal gebildet, bildet die Achse der nächst höheren Terrasse,
die
uns heute zu einem schönen, mit Hecken und Ruhebänken versehenen
Brunnen führt. Den Abschluss der obersten Terrasse macht ein liebliches
Nymphäum, eine Grottenanlage, zwischen zwei offenen, dem Garten zu gerichteten
Loggien, die als Brunnenhaus für den Bergquell dient. Zu beiden Seiten
der Loggien waren wieder Vogelhäuser angelegt, augenscheinlich Säulenportikus,
die eine Baumpflanzung umgaben, über die ein Drahtneitz gespannt war,
der Stich bezeichnet sie als ‚aviarium com nemore’, also wohl
eine ähnliche Anlage, wie sie Evelyn im Palazzo Doria in Genua schildert.
Gerade die Vogelhäuser sind heute ganz zerstört, auch jene unteren,
die der Stich als Kryptoportikus bezeichnet. Es stehen nur noch einzelne Säulen
aufrecht, und im oberen sind Schweine die Nachfolger der luftigen Bewohner
geworden. Aber das Vogelhaus ist – wir sahen es noch bedeutsamer in
den orti Farneiani – zu einem wichtigen Faktor im architektonischen
Aufbau des Gartens geworden. Der Garten benutzt jetzt alle Motive, die ihm
die frühere Entwicklung überliefert; doch so, dass sie sich dem
Gesamtbilde völlig unterzuordnen haben. In diesem Garten ist zum ersten
Mal die Symmetrie streng durchgeführt. Sie konnte erst dadurch zum Ausdruck
kommen, dass die Hauptachse des Gartens mit der des Wassers zusammenfiel.
Ligorio war dem noch in der Villa d’Este mit einer gewissen Umständlichkeit
aus dem Weg gegangen, er lässt die Hauptgartenachse die Wasserachsen
schneiden, so dass wir trotz des überschwänglichen Reichtums die
Wirkung des Wassers in der Tivoli-Villa im einzelnen zusammen suchen müssen.
Wie sehr dieser Absicht symmetrischer Geschlossenheit der Umstand zu Hilfe
kommt, dass der Blick frei dem Wasserlauf bis hinauf zum Quellhaus folgen
kann, ist schon erwähnt.
Doch nicht nur das wasser, auch die Kunst der Bepflanzung zeigt sich hier
als glückliche Unterstützung der Architektur. Je höher hinauf
wir von den niederen lichten Blumenbeeten des Parterres kommen desto mehr
nimmt der Schatten und die dunkle Bepflanzung zu. Die oberste Terrasse wird
rechts und links durch zwei Tannenwäldchen begrenzt. Neben dem Ziergarten
liegt westlich der Park, schon auf dem Stich angegeben und auch heute noch,
obgleich hier die Bepflanzung nicht mehr waldartig geworden ist, dank der
gut erhaltenen Brunnen leicht in seinem Plan zu erkennen. Der Park ist wahrscheinlich
erst von Montaldo angelegt. Montaigne erwähnt ihn noch nicht. Die strenge
Symmetrie ist hier einem lockeren Plane gewichen. Grosse Alleen, die zum Teil
sternförmig in einem Mittelpunkt zusammenlaufen, zum Teil entlang den
Terrassen angelegt sind, bestimmen den Eindruck. Eine Fülle von Brunnen,
die am Ende einer Allee oder an Ruhepunkten angebracht sind, beleben das Bild.
Unter den Brunnen nimmt das prächtige Bassin am unteren Eingang, das
tief in den Berg geschnitten und mit schönem bildreichen Schmuck versehen
ist, eine hervorragende Stelle ein. Wir dürfen hier eines der frühesten
Beispiele eines italienischen Lustparks sehen, was umso bemerkenswerter ist,
als in Italien in dieser Zeit nur ganz wenige solcher Lustparks nachgewiesen
werden können. Die grossen waldartigen Tierparks sind hier im XVI. Jahrhundert
mehr oder weniger verschwunden; man begann sparsamer mit dem Boden umzugehen,
immerhin werden wir ihren Spuren auch im XVII. Jh., wenn auch in etwas veränderten
Gestalt, wieder begegnen. Doch selten ist neben dem Ziergarten solch ein Boskett
vorgesehen, das weder Tierpark noch Kulturpflanzen enthalten kann –
für beides ist schon der Umfang zu klein: der Park ist nur etwa doppelt
so gross wie der Ziergarten, und Tierkäfige irgendwelcher Art fehlten
auch -, so kann er nur zum Lustwandeln dienen. Allerdings sind gerade die
italienischen Parkanlagen heute bis auf verschwindende Ausnahmen entweder
ganz verwildert oder nach englischem Geschmack umgemodelt. Umso dankbarer
ist die sorgfältige Erhaltung in allen Teilen von Villa Lante zu begrüssen.
Der Schweizer Fritz Barth hat im Jahr 2001 eine umfassende Arbeit über den Garten beschrieben. Jedes noch so kleine Detail und auch die Bedeutung aller Skulpturen, Brunnen, Gebäude etc. werden interpretiert und in den Zusammenhang der Zeit gestellt. Ein sehr lesenswertes Buch, allerdings über 400 Seiten stark. Beim Besuch des Gartens werde ich auf ein paar der schönsten Einzelheiten eingehen.
Villa Aldobrandini
Die heutige Anlage geht
auf das Jahr 1601 zurück, als Pietro Aldobrandini Giacomo
della Porta kontaktierte, um ihn mit dem Umbau des bestehenden Gebäudes
zu beauftragen. Mehrere Zimmer und eine Gallerie sollten hinzugefügt
werden. Della Porta begnügte sich jedoch nicht mit diesem Auftrag und
schlug weitere grosszügige Umbauten vor, die auch den Garten beinhalteten.
Für die Wasserspiele beauftragte er Giovanni Fontana.
Die Anlage der Villa Aldobrandini
erstreckt sich über mehrere Terrassen, wobei auf der zentralen Ebene
die Villa steht. Prachtvoll tront sie über der Stadt Frascati. Leider
ist nur noch gerade diese Terrasse in ihrer vollen Pracht erhalten . Die Fassade
des Hauses, die im Stile von Giacomo della Porta gesteltet ist, wird von einem
gewaltigen gebrochenen Typanon überzogen. Ansonsten ist die Fassade sehr
schlicht gehalten. unterhalb befinden sich zwei begehbare Terrassen die jeweilen
mit zwei ovalen, kaminartigen Türmen abgeschlossen sind. Die Terrasse
an der Frontseite wird von zwei Rampen eingefasst. Die hintere Fassade ist
charakterisiert durch einen Vorbau, der von zuoberst, wo er mit einem dreieckigen
Typanon endet, bis hinunter in den Weinkeller führt. Dieser
Vorbau enthält auch eine Zisterne , in dem das Wasser für die ebenfalls
vorhanden Brunnenanlagen im Haus gestapelt wird. ein hübsches Gartenzimmer
ist hier ebenfalls vorhanden.
Gleich hinter dem Haus und im Zentrum des Gartens befindet sich das Wassertheater mit der grossen Wassertreppe, die oben mit zwei Herkules-Säulen abgeschlossen wird. Von hier stürzt sich das Wasser mit lautm Getöse in die Tiefe. Beide Seiten sind begrenzt von zwei Treppenläufen, die bis zu oberst führen. Leider ist dieser obere Bereich weitgehend zerfallen. Nur noch einige wenige Strukturen sind lesbar. Geprägt war dieser Bereich om Brunnen der Pastoren. Das grosse Wassertheater, eine Halbrundkomposition, ist beidseitig begrenzt von zwei kubischen Bauten, welche Nischen für Säulen und Höhlen enthalten, dekoriert mit mannigfaltigen Verzierungen. sie stammen von Ippolito Buti. Die anschliessenden Nischen enthalten Statuen von Jacques Sarrazin, alle mit Wasserspielen ausgerüstet. In der zentralen Nische befindet sich der Atlas, welcher die Erdkugel trägt. Davor befindet sich ein Brunnen mit einer Figur des Riesen Encelado, der geräuschvoll Wasser aus seinem Mund speit. In einem Aufsatz von Monsignore Giovan Battista Agucchi, dem Sekretär von von Kardinal Pietro Aldobrandini spielt der Atlas auf Clemens VIII und die Herkules-Statue an, der dem Kardinal beim Bau der Villa geholfen haben soll. Die Hesperiden, diese Bewoherinnen des mystischen und prächtigen Gartens, hätten sich in Aldobrandinis Park bestimmt sehr wohl gefühlt. Der Geist des Herkules kehrte auch an die Spitze der Villa und des Parkes zurück und überwacht von dort aus die Anlage.
Fortsetzung folgt