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Geschichte der Englischen Gärten

Englische Gärten des 18. Jahrhunderts - Arkadien wird entdeckt
Für die Bearbeitung wurden folgende Werke herangezogen: 
Dorothy Stroud: Capability Brown; Faber & Faber, London 1975 
Hammerschmidt/Wilke: Die Entdeckung der Landschaft, DVA 1980
D.C. Stuart: Georgian Gardens; Robert Hale, London 1979 
uam.
   

Die Geschichte der Gartenkunst ist die Geschichte des sich stetig wandelnden Verhältnisses des Menschen zur Natur. Im Garten spiegeln sich die Sehnsucht des Menschen nach dem Paradies wie seine Furcht vor der realen Natur und sein Wunsch , diese zu beherrschen. Der Garten ist somit nicht so sehr eine Welt im kleinen, sondern eher Ausdruck des menschlichen Weltbildes, eines Bildes, in dem jeweils abhängig vom Selbstbewusstsein des Menschen definiert ist, was unter «Natur» zu verstehen ist.Was veranlasste die Engländer, den klassischen Garten der Franzosen, den sie zunächst ziemlich enthusiastisch übernahmen, aufzugeben und recht grossflächig wieder zu zerstören? Man spricht von einer Gartenrevolution um das Jahr 1730. Etliche bedeutende Gärten entstanden um diese Zeit: Der fünf-Jucharten-Garten Pope's in Twickenham, William Kent begann eben in Claremont und Stowe, Lord Burlington's neue Anlage in Chiswick und St.Paul's Walden Bury - den Garten Aislabie in Studley muss man eigentlich auch dazu zählen, dieses Werkes des Übergang von John Vanbrugh.

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 1728 veröffentlichte Robert Castell sein 'Villas of the Ancients', einer spekulativen Beschreibung von Rekonstruktionen Römischer Villen, basierend hauptsächlich auf den Beschreibungen Plinius dem Jüngeren. Burlington hat dieses Werk unterstützt.

Batty Langley publizierte 'New Principles of Gardening, wo erste Ansätze eines natürlichen Gartens gefordert werden. So proklamierte sie, dass 'das Ziel und die Gestaltung eines guten Gartens sowohl profitabel wie auch lustvoll sein soll, man sollte Acht geben, dass die einzelnen Teil immer neue Gegenstände präsentieren sollen, so dass ein kontinuierliche Unterhaltung des Auges entsteht und dass Vergnügen der Vorstellung entstehen'.

Beide Autoren waren dem Proto-Landschaftsgarten verpflichtet. Beide liessen sich von verschiedenen Schriftstellern beeinflussen. So z.B. von Stephen Switzer, der in seiner Ichnographia Rustica (1718) postuliert: Wir müssen die mathematische Steifheit in unseren Gärten eliminieren und mehr nach der Natur arbeiten. Er verwarf das strenge Schneiden der Gehölze, propagiert das natürliche, unpolierte Kleid des schönen Feldes oder der Wiese, das viel unterhaltender ist, als die äusserste Exaktheit eines vollendeten Parterres und die kuriosesten Verflechtungen einer Buchsbroderie.

Switzer baute etliche Gärten. Sie waren des französischen Ballastes noch nicht völlig entledigt, aber er empfiehlt nachdrücklich, dass sich die Gärten der Landschaft und den umgebenden Wäldern öffnen, vor allem wenn man einen blauen Hügel, ein feines Tal oder eine noble Wiese hat, einen Turm oder einen in weiter Ferne sich erhebenden Hügel, bekleidet mit Wald. Das Anwesen solle sowohl produktiv wie schön sein.

1718 ist Europa in verschiedene Kriege verwickelt. England leidet an einem fürchterlichen Finanzskandal, Whigs und Tories liegen sich in den Haaren, was aus dem neuen König, George I. wird, dem Deutschen aus Hannover, der seit 4 Jahren regiert, ist noch unklar. Wohl verliebt in seinen prächtigen Herrenhausener Barockgarten hat er sich nie einen englischen Garten bauen lassen.

Dann sind da die Denker. Ist der französische Garten sozusagen Ausdruck des Denkens eines René Descartes (1596-1650), das Klare, Mess- und Berechenbare ist der Massstab. Nur das werde ich für wahr halten, was absolut keinen Zweifel zulässt. Für Vorstellungen und Imaginationen ist kein Platz. Demgegenüber lässt der Engländer Locke Ideen zu. Alle realen Dinge, alles, was existiert, ausgenommen Gott, ist dem Wandel unterworfen. Zwar hat er mit Descartes einige Gemeinsamkeiten, in wesentlichen Dingen widerspricht er ihm aber. Wir erkennen die Dinge nicht so, wie sie in sich selbst sind, wie sie unabhängig von uns sind. Wir kennen sie nur verarbeitet und vervollständigt durch unsere Art, wie wir sie wahrnehmen.

Das öffnet Raum für die Spekulation. Joseph Addison, der bedeutende Publizist des beginnenden 18. Jh. popularisiert Lockes Ideen. In seinem berühmt gewordenen Essay »The Pleasure of the Imagination« entwickelt er 1712 den Ansatz zu einer ästhetischen Theorie, in der er zwischen »primären« und »sekundären Gefühlen« der Lust unterscheidet. Die Ersteren entstehen durch die direkte sinnliche Wahrnehmung und lassen sich in drei Kategorien einteilen: die Empfindung der Grossen, Erhabenen; die Erfahrung des Neuen, Überraschenden; die Wahrnehmung des Schönen. Die Phantasie, die zwischen Verstand und reiner Sinnlichkeit angesiedelt ist, ermöglicht es dem Menschen jedoch auch, bereits vergangene Eindrücke zu ordnen, sie zu vergleichen und miteinander zu verbinden

Unter anderem entwickelte Addison seine Theorie an der Kritik der zeitgenössischen Gartenkunst, was nicht ohne Wirkung blieb. Im weiteren spiegelte sich Lockes empirische Erkenntnistheorie in einer Vielzahl beschreibender Naturdichtung, in einer Zeit, in der auch der Landschaftsgarten einen ersten Höhepunkt erlebte.

Und dann ist da das alte Italien. Palladio's Four Books of architekture wurde entdeckt und stiess in England auf grosses Interesse. Man begann in der zweiten Hälfte des 17. Jh. nach Italien zu pilgern und kaufte zusammen, was nicht niet- und nagelfest war. So auch der dritte Earl of Shaftesbury zum ersten mal 1686, wo ihm die Objektmaler Guido Reni, Caracci und andere viel zu teuer waren und er als Alternative günstige Landschaften kaufte. Dieser Genre war in England sehr gering geachtet. Als Humanist und Anhänger der platonischen Philosophie vertrat er die Meinung, Natur sei mehr als die Summe ihrer Elemente. Der Lehre Platons von der Essenz folgend bedeute die Natur für ihn Höchstmass an Schönheit, Wahrheit und Güte. Zwar starb Shaftesbury bevor die ersten Landschaftsgärten entstanden.

Seine Ideen wurden jedoch von den bekannten Journalisten, Publizisten und Gärtner Addison und Switzer aufgenommen und weiter verbreitet, was nicht zuletzt dazu führte, dass die romantischen und malerischen Bilder von Lorrain, Poussin, Dughet und Rosa oder deren Kopien in Massen gekauft und gesammelt wurden.

So erstaunt es nicht, dass ein zeitgenössischer Maler bei der Entstehung des Landschaftsgartens massgeblich beteiligt war. William Kent, der etliche Jahre in Italien verbrachte und von seiner Kultur tief angetan war, wurde gar von einigen Reichen aus Yorkshire unterstützt, um dort Malerei und Kunst zu studieren. Zwar wurde er kein bedeutender Maler, dafür brillierte er als Architekt und Landschaftsarchitekt. Horace Walpole (Kunstsammler, Schriftsteller, Zeichner und Sohn der ersten Premierministers von England) hielt grosse Stücke auf ihn und damit war ihm die High Society gesichert. Gegen 1740 stabilisierte sich die englische Wirtschaft, es wurden neue Exportmärkte in Amerika, Westindien, Asien und Afrika eröffnet, die ersten Fabrikanten wurden reich. Dafür verarmte der Landadel und die Landwirtschaft, da Produkte günstig importiert wurden. So konnten die Reichen billig Land kaufen, um sich die riesigen Gärten nach dem letzten Schrei anlegen zu können.

Kent (und auch die späteren) griff bei seinen Gärten auf das Ha-Ha zurück, das Bridgeman eingeführt hatte (auch er konnte sich auf alte Quellen stützen). Das Ha-Ha ist ein Graben, welcher den intensiven Garten von der Landschaft trennt, ohne dass man einen Übergang sieht. Er entdeckte als erster, welche Symbiose zwischen Landschaft und Garten bestanden und verschmolz beide. Seine grossen Prinzipien waren die Perspektive sowie Licht und Schatten, er realisierte die Kompositionen nach den Grundsätzen eines Malers. Benötigte er Objekte zur Animierung des Horizontes, war er als Architekt geschmackssicher genug, um sie unverzüglich einzubringen. Seine Gebäude, seine Sitze, seine Tempel waren mehr das Werk seiner Feder denn seines Zirkels. Wir verdanken die Wiedererweckung der Griechen und die Verbreitung der Architektur seiner Geschicklichkeit in der Landschaft. Aber nichts übertrifft seine Schönheiten, die er in die Landschaft einfügt, als sein Umgang mit dem Wasser. Adieu Kanäle, runde Bassins und Kaskaden, die über Marmorschwellen fallen. Der sanfte Strom wurde gelehrt, sich zu seinem Vergnügen zu schlängeln; unterbrochen von verschiedenen Ebenen, scheint sein Fluss im Dickicht zu verschwinden, um glitzernd in der Ferne wieder zu erscheinen, wie wenn nichts geschehen wäre.

Waren die ersten Landschaftsgärten um 1730 eher als zweidimensionale Gemälde zu verstehen, entdeckte Kent vor allem die Vertikale - und beginnt damit, die formalen Elemente zum Verschwinden zu bringen und die Wildnis einzubringen. Mit der Architektur ging er sehr frei um, wechselte vom palladischen zum gotischen und zum chinesischen Stil, während sein bedeutender Auftraggeber, Lord Burlington, der römischen Klarheit anhing. Der kentische Garten war ein Platz für Spiel und Maskerade, wo man seine Freunde trifft und der Effekt mehr zählt als die Reinheit der Lehre.

In dieses Umfeld passen auch die Eremitagen. Diese haben eine bemerkenswerte Karriere hinter sich, architektonisch und emotional. Zwischen feudalen, zum Wohnen geeignete Grotten und kümmerlichen Verliesen wurde alles gesehen. Es wurden z.T. Eremiten gegen Bezahlung eingestellt, die sich weder waschen, die Fingernägel schneiden noch sprechen durften. Sie waren im übrigen Sinnbild für mittelalterliche Melancholie, ein Symbol einer anderen Weltlichkeit und stehen somit auch im Gegensatz zum Rationalismus des geometrischen Gartens.

 

Arkadien

Hat Kent den theatralisch-malerischen Garten eingeführt, der - wie das bei Revolutionen häufig der Fall ist - mitunter sehr überladen, überinstrumentalisiert und von Ideen überbordend daherkommt, tritt von Brown beeinflusst eine radikale Wende ein.

Sein wichtigster Beitrag bestand darin, die bislang zweidimensional betrachtete Landschaft voll in drei Dimensionen zu integrieren. Zudem fegte Brown eine rechte Zahl der Gartenobjekte weg und beliess lediglich einige gut komponierte Tempel und Pavillons. Dafür wurden gärtnerische Elemente wie Blumenbeete, Terrassen, Brunnen, Kaskaden und Grotten eingeführt. Die brownsche Landschaft ist geprägt durch Gehölze, Wasser und Wiese. Brown kämpfte gegen die arboretumartige Zusammensetzung des Waldes und empfahl die Verwendung von lediglich 8-9 vorwiegend heimischer Arten. Auf diesem Weg zur Einfachheit und strenger Stilisierung von Natur repräsentiert Brown den poussinesquen Aspekt des Gartendesign. Die Gärten gewinnen an Grösse. Die Landschaft wird gestaltend einbezogen und gleichzeitig interpretiert. Die immer grösser werdenden Paläste bekommen ein entsprechendes Umfeld. Die Gärten sind nicht länger eingefasst und abgeschlossen. Wie bei den Barockgärten gibt es keine logischen Gründe (mit Ausnahme des Geldes), die Grösse einzuschränken.

Eine einmal festgelegte Grösse wurde von Brown mit einem Gehölzgürtel definiert. Dessen zum Garten hin gewendete Bereich wurde sanft und frei gestaltet, der Wald selbst ist transparent, Wiesen und Teiche werden auf Spaziergängen sichtbar. Innerhalb des Gürtels werden kleinere Gehölze mit 20 -30 Bäumen angesetzt, zudem werden einzelne Exemplare gesetzt. All diese werden mit grösster Sorgfalt plaziert, um eine feine Kontur zu verstärken, einen entfernten Prospekt im genau richtigen Moment darzustellen und vor allem um eine perspektivische Wirkung zu erzielen.

Ebenso meisterlich ging Brown mit dem Wasser um. Er griff in der Regel auf natürliche Vorkommen zurück, wobei er meist nicht ohne ein System von neuen Dämmen auskam, um Wasserflächen zu bilden. Die Ufer müssen tiefe Buchten bilden, der See hat möglichst gross zu sein, das ferne Ufer hat blau zu schimmern und in der Nähe führt die grüne Wiese bis auf des Sees Grund. Die Fenster des Palastes spiegeln sich im See ohne sich in ihm zu ertränken, die Landschaft öffnet sich zum See hin nicht ohne auf Strukturen zu verzichten.

Noch sind viele Landhäuser palladinisch geprägt. Die Brownsche Auffassung verlangt aber ein Gebäude, das frei in der Landschaft steht und somit ein Allfassadenhaus ist. Palladische Bauten verfügen in der Regel nur über eine Hauptfassade. Im Zuge dieser Forderung entstand eine Anzahl 'Rundum-Häuser', in einem neopalladinischen Stil gebaut. Gleichzeitig beschränkte man sich auf ein Hauptgebäude, einen Zentralbau, und stellte die Nebengebäude (Küche, Stallungen, Remisen, Wohnungen) versteckt auf. Mit dieser Reduktion gelang es, die Häuser gemäss den Forderungen der Zeit eleganter und einfacher zu bauen. Es erscheint unbefleckt, geruchlos, entfernt vom Lärm und Chaos, abgeweidet durch sich selbst in der Mitte des Parkes stehend.

 

Das Gotische

Neben den römischen und klassischen Ursprüngen sind auch gotische Einflüsse vorhanden. Diese kamen recht stark in Mode, bildeten sie doch eine würzige Alternative zur Kühnheit der Klassik. Spielereien sind wieder erlaubt, der menschliche Hang nach Chaos und Dunkelheit bekam ein Ventil. Der gotische Stil suggeriert auch Alter, Verwurzelung, Tradition. So waren es vorwiegend Whig-Aristokraten, die in neopalladischen Häusern wohnten und die gotische Mode war auch eine politische Gegenreaktion. Es ist nicht zufällig, dass Walpole einer der Verfechter dieser neuen Mode war. Es ist aber einzufügen, dass das Bedürfnis nach Gartengebäuden durchaus vorhanden war, die brownsche Anlagen etlichen Gartenbesitzern doch etwas zu nüchtern waren.

Und noch etwas kommt im letzten Viertel des 18. Jh. auch auf Anstoss von Walpole dazu: Die 'Verschönerung' der unmittelbaren Schlossumgebung. Er befürwortete formale Terrassen, Treillagen und geschnittene Pflanzen und nahm so eine Entwicklung vorweg, die Repton vertiefte.

 

Das Chinesische

China, weit entfernt und mysteriös, fasziniert Europa seit den sechzehnten Jh. Mehr und mehr wurden Waren importiert, was auch dazu führte, dass dieses Formen das einheimische Schaffen beeinflusste. Erste Publikationen erschienen in England im Jahre 1685 , als überall noch französische Gärten bestanden. Man nahm Kenntnis von den ganz anderen Gestaltungsformen. Im frühen 18. Jh. verfügte Lord Burlington über ein Buch mit Ansichten der kaiserlichen Gärten Chinas, aufgezeichnet vom italienischen Priester Matteo Ripa. Von Kent kann angenommen werden, dass er davon Kenntnis hatte. Die Informationen waren vage, die Aussagen der Kenner z.T. schwärmerisch, das Land weitgehend unbekannt und in keinen Teilen mit europäischen Strukturen vergleichbar, was zu starken Idealisierungen führte.

Zusammen mit Bauideen wurden auch philosophische Gedanken eingeführt. Vor allem Leibniz liess sich von Konfuzius beeinflussen. In den seltensten Fällen wurden gesamte Gartenideen importiert, hingegen wurden im letzten Drittel des 18.Jh. etliche Einzelbauten erstellt. William Chambers's Dissertation on Oriental Gardening aus dem Jahre 1772 brachte eine wahre Flut von Chinoiserien in die englischen Gärten. Sie standen z.T. in Opposition, z.T. in Ergänzung zu den gotischen Objekten. Selbst Walpole fand Gefallen an diesen Bauten, obwohl er Chambers nicht wohlgesinnt war. Mit der Zeit entstanden eine Art chinesische Gärten, die jedoch weder Kopien noch eigenständige Entwicklungen waren, sondern eher eine Art Karikatur. Man fügte einzelne Elemente aneinander, verband sie in romantischer Art und Weise und liess schlängelnde Wege durchführen. Besonders Frankreich tat sich hier vor. Chambers verwarf später die Chinoiserien in der Meinung, die Klassik sei die einzig gültige Ausdrucksform .

 

Die Nachfolger oder die neue Sprache

Brown starb 1783 und mit ihm auch Arkadien. Die Einfachheit und Gefühlsfülle wurde überrollt, Claude und Poussin dankten ab. An ihre Stelle trat die Dramatik von Rosa und Dughet. Drei Strömungen sind zu erkennen. Die erste übernimmt die Dramatik, Intuition siegt über Vernunft, persönliche Erfüllung geht über die Notwendigkeit gesellschaftlicher Strukturen.

Der zweite Weg lehnt sich an die Idee der ferme ornée, die sich wiederum an der Idee einer natürlichen Welt, einem sozialen Bewusstsein und am Primat der bürgerlichen Moralvorstellung über das Primitive orientiert. Man ist auf der Suche nach dem goldenen Zeitalter, lässt das Klassische und das Griechische auferstehen.

Der dritte Weg bringt die Pflanzen zurück in den Garten. Die Anlagen Brown's werden farbig. Es ist die Richtung, die sich mehrheitlich durchsetzt. Im Streit der Landschaftsarchitekten um die Nachfolge von Brown schwingt Humphry Repton, der Praktiker, obenaus. Aber neoklassizistische Gedanken lassen sich nicht verdrängen. Reiseberichte und Zeichnungen aus italienischen Städten, von griechischen Altertümern und aus dem Orient finden ihren Niederschlag in der Architektur und Gartenkunst. Man verknüpfte gar klassische Bauformen mit politischen Ansichten. So wurde das Dorische mit Republikanismus, Liberalismus und persönlicher Freiheit assoziiert und wurde von einer neuen Avant Garde vereinnahmt.

Repton war kein Aristokrat. Trotzdem gelang es ihm, ab 1788 für etliche Jahre (bis ca. 1820) der führende Landschaftsarchitekt zu werden. Berühmt sind seine Rotbücher, die er für potentielle Kunden erstellte und welche das Projekt in prächtigen Plänen und Bilder darstellte. Blumen wurden wieder in die Gartengestaltung aufgenommen. Beliebt waren die meist ornamental konzipierten Rosarien und die formal-graphisch konzipierten Teppichbeete. Auch szenisch angelegte Steingärten oder mit subtropischen Pflanzen ausgestattete Gärten erfreuten sich grosser Wertschätzung. Das eigentliche Arkadien, die Beschränkung auf das Wesentliche, die Abstraktion, der Garten als leere Bühne, die sich mit Intellekt füllen lässt, hat ausgedient.

 

Die Gärten des 20. Jahrhunderts - das Architektonische meldet sich zurück

(Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die Publikation von Günter Mader + Laila Neubert-Mader 'Der Architektonische Garten in England' 1992 und David Ottewill 'The Edwardian Garden' 1989, uam)

Der architektonische Garten ist nach R. Blomfield und I. Thomas 1892 wie folgt definiert: "Die Grundfrage ist sehr einfach: Soll der Garten in seiner Beziehung zum Haus betrachtet werden und wesentlicher Bestandteil einer Gesamtentwurfes sein, dessen Qualität vom Zusammenspiel zwischen Haus und Garten abhängt? Oder darf man die Beziehung zwischen Haus und Garten vernachlässigen? Die Gestaltung des Gartens besteht in der Ausdehnung der formalen Prinzipien des Hauses auf die Umgebung. Das Ziel der formalen Gartengestaltung ist es, Haus und Garten in Harmonie zu bringen, das Haus in seine Umgebung einzubinden und zu verhindern, dass es zu einem Auswuchs im Antlitz der Natur wird. Das Gebäude wird niemals aussehen, als ob es ein Bestandteil der Natur wäre, es sei denn, man wäre meiner grasbewachsenen Lehmhütte zufrieden. Hingegen lässt sich der umgebende Garten nach einem Grundriss ordnen, in unterschiedlichen Ebenen gestalten, und schliesslich lassen sich Bäume und Hecken exakt so anpflanzen, wie man es haben möchte. Somit kann es gelingen, Natur und Architektur in Einklang zu bringen. Die dabei entstehende Harmonie basiert nicht auf einer kunstvollen Nachahmung der Natur, sondern auf der Logik einer übergeordneten Idee, die dem Haus wie dem umgebenden Gelände ihren Stempel aufdrückt. Alle, selbst die am wenigsten gelungenen Gestaltungsbemühungen an einem Bauwerk, gehen von Formvorstellungen aus und versuchen diese mit den funktionalen Notwendigkeiten in Übereinstimmung zu bringen. Wie malerisch auch das Ergebnis sein mag, wie kühn auch ein Kamin die Horizontlinie durchbricht oder zwei Giebel sich kontrapunktisch gegenüberstehen, so kennt doch jede Architektur eine Gesetzmässigkeit; ist schon keine Symmetrie, so ist doch zumindest Ausgewogenheit vorhanden. Überall herrscht eine ordnende Kraft, der man sich nicht entziehen kann. Nun stelle man sich vor, solch ein Stück Architektur stünde sozusagen wie vom Himmel gefallen, mitten auf einem Stück Land, dem alle Ordnung , alle Ausgewogenheit und alle klaren Linien fehlen - das Ergebnis wäre ein hoffnungsloser Missklang zwischen dem Haus und seiner Umgebung. Genau diese Wirkung kann man bei den Anlagen der Landschaftsgärtner feststellen. Dort wird man sich bewusst, wie erschreckend leer und unvollständig das Erscheinungsbild des Hauses ist."

Diese Definition ist vor Auseinandersetzung zwischen den 'Naturgärtner', vertreten durch William Robinson, und den Vertretern des architektonischen Gartens mit Blomfield und Thomas zu sehen. Es kann vorweg genommen werden: Die 'Architekten' haben sich durchgesetzt. Dazu war es aber unabdingbar, dass die wilden Gärtner ihren Auftritt hatten, waren die gestalterischen Auswüchse nach dem Abgang von Brown doch z.T. eklatant. Die Elemente Terrasse, Balustrade, Gartentreppe - die grossen Vorbilder aus den italienischen Renaissancegärten - wurden wieder eingeführt, allerdings in einer monumental übersteigerten Form, die bereits kurze Zeit später als unangenehm empfunden wurde.

Robinson brach mit diesem Gestaltungsverständnis. Er verwarf die bunten, klecksartigen Teppichbeete und stellte die übersteigerte Architektur radikal in Frage. Er erkannte den Reichtum der Natur und betrachtete ihn in Hinblick auf seine gestalterischen Möglichkeiten. Es ist sein Verdienst, dass diese Schönheiten für gartenwürdig erklärt wurden. Vieles von dem, was die Pflanzenforscher der Generation vor ihm zusammengetragen haben, benutzte er als Gärtner. Der fertiggestellte Garten solle malerische Qualitäten aufweisen und einen Anreiz zum Malen erzeugen.

Das Umfeld der Gartengestaltung und der Architektur hat sich grundlegend verändert. Die Demokratisierung des Landes ermöglicht es einem breiten Mittelstand, zu einem gewissen Wohlstand zu kommen und war in der Lage, sich Grundeigentum zu erwerben. Diese lassen sich bezüglich der Ausdehnung aber nicht mehr mit dem zumeist adeligen oder grossbürgerlichen Grundbesitz vergleichen. Die Intensionen bezogen sich auf Liegenschaften mit zumeist weniger als 1 ha Grösse. Schon deshalb ergibt sich die Forderung nach einer neuen Definition des Gartens.

Zu Beginn des 20. Jh. treten Gertrude Jekyll (1843-1832) und Sir Edwin Lutyens (1869- 1944) auf die Bühne. Was bei Robinson und Blomfield unvereinbare Gegensätzlichkeit blieb, wurde von den beiden Neuen zur Einheit verschmolzen. Gertrude Jekyll war als Malerin ausgebildet, hatte als Gärtnerin viel praktische Erfahrung, aber keine professionelle Ausbildung. Ihren Hauptverdienst erwarb sie sich in der feinsinnigen Pflanzenzusammenstellungen. Einerseits suchte sie gute Farbharmonien, andererseits wollte sie die Farbwirkung durch die Nachbarschaft von geeigneten Blattpflanzen steigern. Sie gestaltete als Malerin.

Lutyens dagegen entwarf das Gebäude, die räumliche Ordnung des Gartens und seine Details; Jekyll plante die Bepflanzung und kontrollierte das Gesamtbild.

 

Die Arts and Crafts - Bewegung

Diese um 1880 entstandene künstlerische Bewegung darf zu den wichtigsten und wegweisenden Entwicklungen in der englischen Kunstgeschichte gezählt werden. Eine Grundtendenz bestand in der Rückbesinnung auf die dauerhaften und erprobten Werte, auf die nationalen und regionalen Besonderheiten.

Aus dieser Haltung heraus verlor die Fixierung auf das Klassische ihre beherrschende Bedeutung, man entdecke den gestalterischen Reichtum der vielen erhaltenen mittelalterlichen Profanarchitekturen. Auch die gestalterischen Qualitäten der alten Bauernhäuser und Cottages wurden nun zum ersten Mal gesehen und gewürdigt. Die Architekten begeisterten sich für traditionelle Baustoffe und Bautechniken. Ziegel, Bruchstein, Fachwerk, eiserne Fensterflügel mit Bleiverglasungen und Strohdächer wurden gesellschaftsfähig. Auf dem Land baute man Häuser mit steilen, weit heruntergezogenen Dächern, vielen Lukarnen und mächtigen Kamintürmen. Dieses charakteristische Bild des Landhauses, das als Vorbild um 1900 entwickelt wurde, hat für die Engländer bis heute nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Ein davon abweichendes modernes und extravagantes Stilverständnis hat es so gut wie nie gegeben.

Auch in der Gartenkunst fand um 1900 eine Hinwendung zum Althergebrachten statt. Man entdeckte wieder den Reiz der einfachen Blumen, die Schönheit der Obst- und Küchengärten und den gestalterischen Wert der in Bruchstein oder Ziegel ausgeführten Gartenmauern.

Das Leben auf den Lande galt als Ideal. Der Landhausgarten wurde zur charakteristischen neuen Gestaltungsaufgabe in der Gartenkunst. Insbesondere die damals noch armen und dünn besiedelten Grafschaften südlich und südwestlich von London wurden mittels neuer Eisenbahnlinien an die Metropole angebunden und entwickelten sich bald zu begehrten Wohngegenden für den aufstrebenden Mittelstand.

 

Die weitere Entwicklung

Einen unumstrittenen Platz in der Geschichte der Gartenkunst des 20. Jh. nimmt der Garten Hidcote Manor in Gloucestershire ein. Auch hier wurden die Ideale von Robinson und Blomfield überzeugend zur Einheit verschmolzen. Allerdings tritt hier das Architektonische weiter zurück als bei Lutyens. Das Raumgefüge wird lockerer und vermag so auch einige naturalistisch gestaltete Partien zu integrieren.

Die dreissiger Jahre und die erste Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg waren von zwei recht gegensätzlichen Strömungen gekennzeichnet. Auf der einen Seite gab es die Traditionalisten, die an den von Lutyens und Jekyll vorgegebenen Grundlinien festhielten, auf der anderen Seite versuchte man die auf dem Kontinent entstandene Strömung der Moderne in der Gartengestaltung umzusetzen. Daneben lieferte die neu entdeckte japanische Gartenkunst den Beweis, dass Ausgewogenheit nicht nur in Geometrie, Regelmass und Axialität gefunden werden kann, sondern auch im Malerischen, frei Komponierten.

Den wichtigsten Beitrag in dieser Zeit lieferten Vita Sackville-West, die auf den Vorgaben von Lutyens/Jekyll weiter arbeitete. Sissinghurst, das sie zusammen mit ihrem Mann Harold Nicolson schuf, gilt als einer der bedeutensten Englands. Die Konzeption des Gartens findet ihren Ausdruck in einer klaren, architektonischen Haltung. Auf den Ruinen des Vorhandenen, die neu aufgebaut wurden, entstand ein Gefüge von walled gardens. Mit unauffälligen kleinen Durchgangsöffnungen wird die Verbindung von Raum zu Raum geschaffen, und weil es hinter jeder Mauer Neues und Unerwartetes zu entdecken gibt, entwickelt sich ein Rundgang voller Überraschungen. Das Prinzip der Aneinanderfügung von einzelnen Räumen kennen auch die Chinesen, welche diese Form zur Vollendung entwickelten. Die Unterteilung eines Ganzen in etliche Teile ergibt mehr als ein neues Ganzes. Die Art, wie dies angegangen wird, ist indes heikel. Eine symphonische Konzeption ist angesagt und die ist in Sissinghurst gelungen.

Nun tritt Geoffrey Jellicoe (1900) auf und mit ihm eine gewisse Moderne. In einem seiner wichtigsten Werke in Sutton Place, das er erst 1980 angegangen hat. Einerseits handelt es sich hier um einen modernen Garten, andererseits ist es ein architektonischer Garten. Die Modernität kommt nicht nur dadurch zum Ausdruck, dass hier moderne Skulpturen - von Ben Nicholson, Henry Moore, Juan Mirò - einbezogen sind, sondern auch durch die eindeutig moderne Formgebung der Details.

Einer der namhaftesten Kollegen Jellicoes war der Gartengestalter Russel Page (1906-1986). Er fühlte sich dem Architektonischen Garten verbunden. Er führte diese Sprache meisterhaft, setzte die Elemente äusserst gekonnt und überraschend neu ein. Liess sich Jellicoe vom italienischen Garten gleichsam verführen, analysierte Page die Grundlagen der architektonischen Auffassung und schuf daraus neues.

Die heutigen Gärten in England sind verhaftet in ihrer Tradition. Spektakuläre Würfe wie z.B. in Paris (Villette, Park Citroën ua.) sind nicht denkbar. Hier herrscht Mozart, dort Pop und Techno.

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